Mail an meine Lieblingsbetreuerin: „Sorry, ich war zwar krank… aber… hej..!?“

Liebe Lieblingsbetreuerin Frau Hoffnung,

so, es ist also soweit mein Betreuer (Herr Lustig) ist krank und ganz ehrlich? Ich wusste es! Es war so ein Gefühl, das ich nicht ernstgenommen habe, weil Sie ja noch mal eindrücklich mit mir darüber gesprochen haben, wie wichtig es jetzt ist, dass Herr Lustig mich ernst nimmt in meiner Not, wenn Sie nicht da sind und wie ich das formuliere und Hilfe einfordere.

Nun ist er krank. Ich bin fast sicher, dass er sich um keine Vertretung kümmern wird, weil er die Notwendigkeit nicht erkennt. Ich bin sicher, dass er die ganze Woche krank sein wird, immerhin ist er „über das Wochenende ziemlich erkrankt“ und das aus dem Mund eines Mannes ist beinahe so etwas wie ein Katastrophenalarm, stimmt doch, oder? Und er wird wahrscheinlich sagen, wie die letzten Male, als er krank war auch, dass es „fiese Kita-Killer-Viren“ waren. Und das sagt er dann, als würde es alles erklären. Sozusagen die Verniedlichung von „Sorry, ich war zwar krank… aber… hej..!?“

Keine Frage, ich nehme ihn da sehr ernst und ich wünsche ihm von Herzen gute Besserung, ich bin nur sprachlos, weil ich mich so einsam und alleingelassen fühle und nicht weiß, wie das jetzt ganz alleine so funktionieren soll für ganze 10 einsame Tage.

Es ist mir nicht wichtig, dass Herr Lustig heute die Betreuung absagen muss, das schaffe ich schon. Aber was ich nicht schaffe ist, die Rezepte bei meiner Psychiaterin abzuholen, was er machen wollte und sich um den Termin kümmern wollte er sich auch. Das darf er nicht vergeigen. Denn ich will zuverlässig sein, meiner Psychiaterin gegenüber und es ist in Ihrem Urlaub, Frau Hoffnung, ja nun mal so ausgemacht, dass Herr Lustig das macht und sich um diesen Part kümmert.

Ich habe Herrn Lustig eine Mail geschrieben in der ich Worte wie „kümmern Sie sich bitte darum?“ verwendet habe und habe dabei schon gemerkt, dass ich echt verunsichert bin, weil ich befürchte, dass das jetzt alles schief läuft. Aber ich bin stolz darauf, dass ich das mit Nachdruck formuliert habe.

Ich fühle mich im Stich gelassen. Ich bin auf mich gestellt und wenn Herr Lustig die ganze Woche krank ist, dann bin ich so verloren in mir. Ich sitze ja jetzt schon weinend da und der Schneidedruck sprengt fast meinen Kopf: allein gelassen! Das kenne ich doch!

Aber ich muss mir jetzt klarmachen, dass das was da nun an Gefühlschaos in mir auftaucht ganz, ganz alte, tiefe und in die Jahre gekommene Gefühle sind. Trotzdem sind sie jetzt auf einmal da und wollen gecraved werden.

Ich versuche zu atmen, Frau Hoffnung. Aber es ist echt schwer. Ich hatte nicht damit gerechnet jetzt von Herrn Lustig so im Regen stehen gelassen zu werden, auch wenn ich eine gemeine Vorahnung nicht leugnen kann (und er dafür nix kann). Passend dazu regnet es auch draußen. Ich bin gespannt was Herr Lustig später sagt, wenn er sich, wie er schrieb, nochmal bei mir meldet, nachdem er beim Arzt war.

Irgendwie hatte ich mir mehr erwartet, vor allem in einer so schwierigen Zeit wie jetzt, wenn Sie im Urlaub sind, Frau Hoffnung. Mein Leben belehrt mich mal wieder eines Besseren und ich muss ganz alleine klarkommen. Ich halte Sie auf dem Laufenden!

Herzliche Grüße
Ihre Fräulein Voni

3 Gedanken zu “Mail an meine Lieblingsbetreuerin: „Sorry, ich war zwar krank… aber… hej..!?“

  1. In einem „normalen“ Beruf finde ich es ja schon befremdlich, unter welchen Vorwänden bisweilen sich krank gemeldet wird. Aber in einem so sensiblen Umfeld – sollte man doch eigentlich schon etwas mehr Verantwortungsgefühl erwarten als ein schlichtes „Ich bin dann mal weg“…
    Wünsche Dir jedenfalls viel Kraft und alles Gute!

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