2,5 mg Tavor

Es ist 6 Uhr morgens und mein Tag beginnt mit 2,5 mg.

2,5 mg Tavor.

Ich hänge in Panik fest, Tränen schütteln mich und ich kann mich nicht beruhigen. Der Tag hat noch nicht einmal richtig angefangen und ist doch schon irgendwie gelaufen!

Gleich fahre ich mit meinen Großeltern zu den Pferden und bis dahin muss ich wieder Fassung beweisen. Ich kann nicht weinend vor ihnen zusammenbrechen… oder Ähnliches.

Eigentlich ist das der Punkt an dem ich sagen dürfte, dass es mir zu viel ist und ob ich Zuhause bleiben kann. Ich glaube es würde niemand „nein“ sagen (habe ich noch nie probiert). Aber damit würde ich mich viel zu sehr zeigen. Würde mein Innen aufmachen. Wär zu verletzlich.

Werfen mich 1,2 kg Gewichtszunahme so aus der Bahn?

Zum Glück habe ich heute noch Betreuung bei meiner Lieblingsbetreuerin! Ich hatte gestern schon unseren Termin vorbereitet, konnte es dann aber nicht ausdrucken und es auch nicht speichern, weil es nicht mein eigener Laptop war. Aber ich werde es wohl irgendwie noch erinnern und zusammenbekommen.

Jetzt gilt es zu Atmen. Ruhiger werden. Nicht im Strudel abwärts versinken, sondern das Beste aus dem Tag heraus zu holen. Und vielleicht tun mir die Pferde ja gleich auch einfach total gut!

Mein Voni

es fühlt sich verdammt danach an

ich schreibe, weil der Tag klasse angefangen hat und ich so stolz bin, dass ich euch einfach davon berichten muss. Ihr kriegt so viel Schwieriges von mir mit, dass ich euch auch an schönen Ereignissen teilhaben lassen möchte.

Ab 6:53 Uhr habt ihr mich laufend auf den Feldern angetroffen. Ich war allen Ernstes Joggen (nach heute exakt 7 Monaten Pause, das erste Mal). Und ich bin von Anfang bis Ende durchgelaufen. Mein Puls war über die Hälfte der Zeit in Pulsbereich 5 *lach, aber was soll´s. Es hat Spaß gemacht und ich war echt stolz, dass ich sogar die Berge bis hoch zum Wald hochgejoggt bin.

Es waren dann letztlich 5,24 km in 35:28 min – ich weiß, das ist keine Heldenzeit, aber gemacht ist gemacht!

Die Waage zeigt ein Gewicht, womit ich gut umgehen kann. Danach habe ich Wechselduschen gemacht von richtig warm auf so kalt es nur geht und das sicherlich zehn, zwölf Mal im Wechsel. Danach gab es einen Proteinshake (zwei Drittel Milch, ein Drittel Wasser) und jetzt esse ich sogar noch Skyr mit roter Grütze, Chiasamen und Sonnenblumenkernen.

Mein Einkaufszettel sieht sehr gesund und viel ausgewogener aus. Ich habe Lachs mit auf den Zettel geschrieben. Hühnerbrust. Eier. Gemüse. Quark. Schafskäse. Walnusskerne.

Es ist zu früh zu sagen, dass in meinem Kopf etwas Klick gemacht hat. Aber es fühlt sich verdammt danach an.

Nimm dich leicht!

Heute war er da: dieser magische Moment.

Ich habe mit einer wunderbaren Freundin heute mit den Pferden gearbeitet und war so stolz auf mich. Es war einfach wunderschön und ich habe gelernt, dass ich mich nicht schämen muss und dass ich nicht für alle Fehler die Verantwortung trage.

Ich weiß, dieser Beitrag wird vielleicht nicht lang, aber ich möchte diesen Augenblick mit euch teilen. Weil er sooo besonders für mich ist…

Und dann ging es besonders weiter, denn ich war wieder daheim und habe mich übergeben, doch ich habe mir direkt verziehen. Ich habe es mir nicht schwer gemacht und mich nicht verurteilt, sondern war einfach gnädig mit mir. Was für eine wundervolle und neue Erfahrung. Ein magischer Moment. Irgendwie.

Auch die Selbstverletzung und die entstandene Entzündung trage ich mir gerade nicht nach. Es ist passiert. Na und? In der Konsequenz kühle ich nun mein Bein und handle damit absolut funktional. Ich kann auch hier stolz auf mich sein.

Meine Freundin und die Pferde haben mich heute 10 cm wachsen lassen. Ich bin so dankbar!

Ich lerne langsam. Aber ich lerne! 🙂

als wär ich in der Klinik

Heute ist ein besonderer Tag. Er begann mit Bedarf (inkl. Tavor), ging weiter mit einer guten Betreuungszeit bei meinem Betreuer und war davor, dazwischen und danach immer von dem Lesen eines Buches begleitet, das mich echt abgeholt hat.

Es geht um das Leben in der Psychiatrie und persönliche Erfahrungen und ist wunderbar geschrieben. Zu meiner persönlichen Freude weiß ich, dass der Autor dieses Buches auf der gleichen Station war, wie ich es mehrmals war. Das macht es so nah. Ich fühle sehr mit. Und erkenne alles was er beschreibt wieder.

Ich konnte lange nicht mehr lesen aber jetzt geht es: was für ein Geschenk.

Und dann tauchte auf einmal dieses Heimatgefühl auf… das Gefühl das ich an Psychiatrie-Tagen hatte, an denen ich terminlos in den Tag leben konnte und das Einzige das zu leisten war, war irgendwie durchzuhalten.

So fühle ich mich auch jetzt und kann trotzdem sagen, dass es mir eine gewisse Leichtigkeit bringt, mich zu fühlen als sei ich stationär. Es nimmt Last ab. Es gibt einen klaren Rahmen. Man muss nicht selbst entscheiden wann man was genau isst. Man muss nicht gut drauf sein, kann man. Man muss es nur nicht. Und diese Selbstlüge „du bist gerade in der Klinik“ rettet meine heute sehr schlechte Verfassung.

„Wir alle spielen Theater.“

In der Vorstellung stationär zu sein kann ich mich entspannen. Etwas Verantwortung abgeben und die Sicherheit empfinden, die ich mir selbst nicht geben kann und so lasse ich mir diese (leider nur) Illusion und bleibe bei der Vorstellung ich sei wohlbehütet in der Psychiatrie. Es hilft: und nur darum geht es in diesem Moment gerade.

Dann kommt noch ein Zustand hinzu, der mich ebenso irgendwie wie frei macht: meine Mitbewohnerin C. ist seit gerade und auch über Nacht weg und ich genieße es, weil sie immer alles genau überwacht (ich mag sie aber trotzdem sehr)!

Ich bin jetzt mit meiner Mitbewohnerin S. alleine im Haus. A. ist noch in der Klinik, M. Arbeitet, C. ist wie gesagt unterwegs und so kommt es, dass ich seit Wochen mal wieder unten im Wohnzimmer auf dem Sessel sitze, was ich nur deshalb tue, weil ich die Decke darüber vor wenigen Tagen mal gewaschen habe. Es ist herrlich hier!

Am liebsten würde ich mich ein wenig in die Sonne setzen. Aber mein bislang gesammelter Sonnenbrand spricht sich eher für eine Pause aus. Auf den Balkon komme ich sowieso nicht raus, der Rollladen ist kaputt. Banalitäten.

Meinen Waschtag habe ich fast hinter mir. Das Bett ist, wie jeden Dienstag, frisch bezogen und nur das Abstauben wartet noch auf mich. Vielleicht mache ich das aber auch erst morgen „fuck the system“ und so.

Jetzt schüre ich meine Selbstlüge ich sei in der Klinik. Ich rede mir ein, dass immer jemand da ist, wenn ich jemanden brauche (was nicht stimmt, aber ich wollte mich ja austricksen, also mache ich das auch). Und so lehne ich mich Sessel zurück und atme.

Atme das erste Mal am heutigen Tag einfach nur durch und schicke einen Seufzer hinterher. Es darf so sein wie es gerade ist.

throwback to 2016

Es gibt scheinbar gar keine Helden

… warum sagt einem das denn keiner?
Da wartet man jahrelang auf “den Richtigen” und dann latschen da Männer durch dein verstörtes Weltbild und dann blüht auf einmal alles auf und noch ehe du zu Ende genießen konntest, dass da was wächst, geht auch schon der Frost über das Schöne und du bist wieder alleine. Abgesehen von neben dir liegenden welken Blumen und Blüten. Diese kaputten Blüten, die dir nur zeigen sollen:
“schau her, was du nicht haben kannst”
und ich hasse meinen Alltag wieder und ich sehe keine Sonne mehr am Himmel und alles geht von vorne los, dass “alle dummen Leute” behaupten “irgendwann kommt er, der Richtige” und ich lächle müde, weil ich es besser weiß und trotzdem lebt die Hoffnung weiter. Schade.

throwback to 2009 (1)

Den ganzen Tag über war ich verhalten was das Essen angeht und habe letztlich doch keine Mahlzeit ausgelassen. Heute am Abend ging es langsam los.
Ein Eiweißbrot mit Käse, zwei Kekse, ein halbes Fischbrötchen und dann wieder Süßkram und mit einem Schlag wurde mir klar:
“ich werde mich übergeben”. Von da an gab es kein Halten mehr.

Und dann sitzt du im Bad und stopfst die letzten Kekse vor dem Kotzen in dich rein, “weil es ja jetzt eh schon egal ist”, du brauchst das Gefühl die Kontrolle zu haben, während du sie gerade wissentlich verlierst. Du trinkst einen Liter Wasser, isst zwischenrein Kekse. Trinkst. Frisst. Stopfst in dich rein was noch Platz hat. Der Magen ist voll und schmerzt schon leicht, und das obwohl du weißt, dass das hier nicht einmal ein echter, richtig großer Fressflash ist. Und doch fühlt es sich so an und was du in dich hineingezwängt hast, lohnt sich alle mal zu erbrechen.

Dein Bauch ist voll, die ersten Schmerzen machen sich bemerkbar, du stößt noch einige Male auf, dann stimmt das Mageninhalt-, Wasser-, Luft-Verhältnis. Jetzt geht es gleich los.

Du stehst auf, beugst dich über die Porzellanschüssel, steckst deine halbe Hand bis in den Hals in dich hinein und es geht los. Sehr schnell, sehr oft würgst du all das Gefressene heraus – bis du regungslos dastehst. Leer. Im Kopf und im Magen. Außer Magensäure bekommst du nichts mehr aus dir raus.
Du findest alles ekelhaft. Und doch hältst du dein Vorgehen für gerechtfertigt, ja sogar für nötig und notwendig, gänzlich unumgänglich. Die Leere hält noch einen Augenblick an, dann kommt eine immense Traurigkeit in dir auf.
Betäubt und mit Kloß im Hals (weil dir eigentlich nach Heulen zumute ist), wäschst du alles gründlichst und mehrere Dutzend Mal. Du putzt das Klo, und dich umso reinlicher.
Nichts mehr deutet auf den Vorfall gerade hin – du hast alle Spuren beseitigt. Nur eine tiefe Spur bleibt zurück – die Spur deiner Seele.

… und auf einmal weinst du.

Du legst dir deine Tabletten raus, willst Bedarf nehmen und weißt, besser wird es heute nicht mehr. Wenn der Bedarf nicht schnell ausreichend wirkt, wirst du wieder fressen und wieder kotzen. Dann wirst du wieder kurz eine Leere in dir spüren und das Klo putzen und wirst versuchen dich rein zu waschen und du weißt schon jetzt, dass dir das nicht gelingen wird – weil die Reinheit schon jetzt verschwunden ist. Du versuchst dich abzulenken. Aber du hältst nichts aus. Jedes Buch zu lesen, reicht die Aufmerksamkeit nicht aus. Der Fernseher ist dir zu hell, die wechselnden Bilder sind zu viel, der Ton zu laut, selbst auf der niedrigsten Stufe. Musik zersprengt beinahe deinen Körper und du willst einfach nur rennen. Weg von dir selbst. Und doch weißt du nicht, ob du im Dunklen und bei Schneeregen rausgehen sollst und der Schwindel entscheidet für dich: du kannst nicht.

Es ist traurig, aber ich bin gerade gefühlt tausend Meilen zurück gerannt. Und ich fühle mich furchtbar einsam. Die Traurigkeit überwältigt mich und eigentlich müsste ich mich nicht einsam fühlen, weil ich nicht alleine bin und doch ist sie doch so immens und groß.

Ich wünsche mir gehalten zu werden und weiß, dass ich es heute nicht mehr werde.

– Gedanken und Gefühle aus 2009.

Ich muss noch kurz. Ich mach mal schnell.

Ich schreibe meiner Lieblingsbetreuerin eine Mail und schildere folgendes:

Es geht um den Drang zu meinen Eltern zu fahren. Was wir aber für den Samstag anders geplant haben.

(…) Denn sonst würde ich jetzt wanken und schwanken um dann mit einem plötzlichen Schlag in meinem Hirn, ratzfatz alles einzupacken was ich zu brauchen denke und dann hektisch losfahren und mich erst wieder beruhigen, wenn ich Mia im Arm halte. (…)

Ich muss noch kurz. Ich mach mal schnell.

Vor einiger Zeit habe ich im Radio auf SWR3 einen kurzen Beitrag gehört, in dem es darum ging, dass wir uns selbst unter Druck setzen, uns hetzen und manipulieren, in dem wir immer wieder sagen „ich mache mal kurz den Abwasch“, „kannst du noch schnell den Müll rausbringen?“. Die Pastorin beschrieb, dass uns solcherlei Äußerungen unbewusst scheuchen und uns Stress bereiten. Sie gab Anregungen zu anderem Denken:

„jetzt mache ich noch in Ruhe den Abwasch“, und „ich gehe später noch gemütlich einkaufen“.

Seit ich auf solche Worte achte, kehrt in mir tatsächlich mehr Ruhe ein. Aus einem „ich muss das sofort machen“, wird ein „das mache ich jetzt in aller Ruhe fertig“. Das Verblüffende ist doch, dass wir gar nicht länger für diese Dinge brauchen, es uns aber ein Gefühl der inneren Ruhe schenkt. Zumindest ein bisschen.

so lange du atmest, läuft mehr richtig als falsch

Ich wache auf aus einem bewegenden und verzweifelt machenden Alptraum und fühle mich, wegen des Traums, schlecht und schuldig und bin allgemein fertig mit den Nerven. Der Traum suggeriert mir nur wieder einmal das, was ich ohnehin von mir denke: „ich bin falsch“, „ich stelle mich nur an“, „ich bin ein schlechter Mensch“.

Draußen zwitschern die Vögel!

Zu allem Übel kommt nun auch noch eine Wiederholungsuntersuchung/ ein erneutes Gutachten auf mich zu und ich weiß nur eine Sache, die jetzt noch oben drauf kommen könnte, die mich, neben der „Therapie-Geschichte“ und dem Gutachten, noch mehr in den Abgrund reißen könnte. Alles was jetzt noch fehlt ist ein Hilfeplangespräch. Aber ich ahne es schon, wahrscheinlich steht es schon unten vor der Haustür und wartet nur darauf, dass ich ihm die Türe öffne.

Und merke: es geht immer schlimmer. Man soll das Leben ja nicht unnötig herausfordern.

Trotzdem mag ich meine Sachbearbeiterin.

Meine Lieblingsbetreuerin sagt, dass wir das zusammen schaffen, alles was ansteht und ich bin ihr sehr, sehr dankbar. Eigentlich wollen wir die nächste Therapiesitzung verschieben. Nach hinten raus. Aber durch meinen Alptraum heute Nacht bin ich nur schrecklich angespannt und eingeschüchtert. Bloß nichts Falsches machen mit meiner Therapeutin. „Du musst da hin, Fräulein Voni!“, „andernfalls wird sie sehr sauer auf dich sein!“. Und ich will es nicht, dass irgendwer sauer auf mich ist: schon gar nicht wenn ich diese Person eigentlich gern hab.

Ich frage mich, ob ich „wieder nur“ Schatten sehe und einfach unter Pseudohalluzinationen leide, oder ob hier wirklich etwas herum fliegt. Aber das ist nicht mein größtes Problem gerade. Es wäre nur das Tüpfelchen auf dem „i“. Angesichts des hohen Stress wäre das sogar denkbar. Aber dafür habe ich keinen Kopf. Und so lange ich noch weiß, dass es nur Pseudohalluzinationen sind, ist ja alles noch irgendwie okay.

Draußen schüttet es wie aus Kübeln, dazu starker Wind. Ich habe mein Fenster aufgemacht, mich davor gesetzt und meine Füße auf die Fensterbank gelegt. Sie werden nass und der kalte Wind lässt das Wetter an meinen Füßen wie einen Kühlakku der Natur anfühlen. Herrlich!

Und dann erinnere ich mich eines Spruches, der alle Sorgen abtut und relativiert, auch wenn er etwas salopp ist:

So lange du atmest, läuft mehr richtig als falsch!

Ich versuche mich damit zu beruhigen, was nicht gelingen mag und so denke ich am frühen Morgen schon über meine Bedarfsmedikation nach, bin mir aber sicher, dass ich es noch aushalten möchte.

Wenn ich mich nur wiegen könnte, vielmehr dürfte. Aber Abmachung ist Abmachung. Also halte ich den Deal mit meiner Lieblingsbetreuerin auch ein. Nächster Wiegetermin ist erst der 31. März. Trotzdem arbeitet die Essstörung auf Hochtouren. Aber das ist wiederum ein anderes Thema.

vom Gefühl her hänge ich an der Decke

Auszug aus einer Mail an meine Betreuerin:

Vom Gefühl her hänge ich an der Decke und sehe auf mich herab. Ich sehe, wie erbärmlich ich da sitze. Mit Kaffee zur Rechten, der Wärmflasche auf dem Bauch und den Laptop auf dem Schoß. Im Wohnzimmer. Ab und an streckt der Teil, der da unten sitzt, ein Bein aus. Scheint nicht besonders bequem zu sein, schließe ich daraus. Links liegt der MP3-Player. Unberührt. Ab und an rinnt, in vollkommener Lautlosigkeit, eine stumme Träne meine Wange hinab. Mal versiegt die Quelle und mal schickt sie weitere Soldaten los.

(…) Ich habe Angst vor dem Alleinsein, dabei bin ich ja gar nicht alleine.

Mein Problem ist, dass ich alles vergesse was am Vortag war. Ich weiß, dass wir telefoniert haben, erinnere mich aber nicht über was wir sprachen. Ok, ja: ich weiß gar nichts mehr davon. Ich glaube, dass alle Gespräche und Themen in mir sind und da gut aufgehoben sind, nur hat mein Alltagsich (kann man das so nennen?) keinen guten Zugang dazu. Das macht echt alles ganz verflixt schwierig!!

Am liebsten würde ich einfach im Bett liegen bleiben und es kostete mich ungeheure Kraft überhaupt erst aufzustehen. Mich zu waschen, mir die Zähne zu putzen, meine Arme einzucremen, Kaffee zu kochen, die Scherben von A. wegzufegen und den Restmüll rauszubringen. Während ich die Scherben und den Restmüll weggemacht habe, musste ich weinen. Es war so schwer, (…). Es war so unfassbar schwer.

Ich (…) wollte Sie fragen, ob Sie mir heute auch Tschüss sagen kommen können, das tut mir immer so gut und dann fühle ich mich eingerahmt und genau das ist es, das mir gut tut: ein Rahmen! Und ich bin dann gar nicht mehr so allein!!!

und dann balancieren wir auf Baumstämmen und lachen

Gleich halb 3 Uhr am Morgen: meine Mitbewohnerin A. und ich sitzen zusammen im Wohnzimmer und lauschen in aller Ruhe den Liedern von Nora Jones. A. ist noch wach und ich bin es wieder!

Mich verfolgten Alpträume. Immer wieder war ich wach und dann überzeugt, dass ich aufstehen müsse. Musste ich aber gar nicht. Ich bin derzeit doch recht durcheinander.

Gestern habe ich mit meiner Betreuerin einen langen, großen Spaziergang gemacht und wir sind auf Baumstämmen balanciert und haben sogar noch eine Übung für mich daraus gemacht und ich habe mich in der Brücke geübt. Meine Lieblingsbetreuerin hat mit mir mitgemacht, das war toll. So wurde ich mutig. Ich bin in solchen Dingen sonst immer so verängstigt. Und dann war ich unsicher und aufgeregt. Aber eben mutig. Und mit meiner Frau Hoffnung habe ich sogar das geschafft. Das erforderte Mut. Aber ich habe meiner Lieblingsbetreuerin vertraut! Und dann habe ich es echt geschafft. Ich habs geschafft. Beeindruckend, weil ich zuvor noch niemals mutig genug war, einem Menschen so viel Vertrauen zu schenken.

Ich fühle mich in letzter Zeit unglaublich fett, wisst ihr? Ich wiege um die 63 kg und bin zutiefst unzufrieden damit. Mein Ziel ist es mich bis 31.3. nicht zu wiegen. Aber besonders heute reizt es mich sehr auf die Waage zu stehen.

Das entstandene Bild soll mir zeigen, dass ich nicht fett bin. Oder wie ich immer sage „eine fette Qualle“. Ich fühle mich derzeit, so nah am Höchstgewicht, einfach so unwohl!! Aber meine wunderbare Betreuerin hilft mir. Sie ist meine Hoffnung, für mich und mein tief Inneres. Und sie hält meinen Anteilen stand, was manchmal glaube ich schwer ist.

Ich fühle mich wohl mit A. hier im Wohnzimmer. Ich bin zu Hause! Hört ihr? Ich habe mein Zuhause gefunden. Nach 2 Jahren wird es nun langsam zum Zuhause…. zu meinem Zuhause. Man möchte fast sagen „puh, endlich!“.

In den letzten Tage ging es mir sehr schlecht. All meine inneren Anteile und die kleinen Persönlichkeiten sind gar nicht so leicht zu zähmen. Insbesondere macht mein innerer Zerstörer sehr viel zunichte. Leider habe ich mich daduch auch geschnitten, mehrmals. Auch das Essen klappt nicht gut. Aber das am Rande.

Ich fühle mich schrecklich. Aber meine Betreuerin hilft mir sehr. Ich bin noch nie an einer solchen Krise gewachsen. Aber bei ihr lerne und lerne ich dazu. Sie ist eine ganz besondere Frau und ein Geschenk für mich!!!

Sie sieht mich, sie fühlt mich, sie achtet jede meiner Grenzen. Sie ist liebevoll, loyal, aufmerksam und vieles mehr und sie hilft mir aus jedem meiner Löcher heraus, so gut sie und ich das eben gemeinsam schaffen. Dafür kann ich nur immer wieder danke sagen! Danke für alles – und für so viel mehr!!

Am liebsten will ich immer in die Welt rufen „hej, schaut mal her, das ist meine Lieblingsbetreuerin, wir sind ein Team und im Team sind wir unschlagbar und ich liebe unsere Termine. Jedes Mal wachse ich!“ Und dann würde ich Frau Hoffnung in den Arm nehmen und sie drücken, weil ich mir sicher bin, dass es für so viel Dankbarkeits-Gefühl und Liebe kein Wort gibt. Oh und wie ich es erst liebe, wenn wir zusammen lachen. Sie fühlt mich und glaubt an mich. Ich bin so dankbar und so glücklich, dass Sie meine Betreuerin ist. Und das sie mich gern hat. Ich hab sie nämlich auch sehr gern und lieb.

Gestern in jedem Fall hat mir meine Lieblingsbetreuerin für einen kurzen Moment zu Leichtigkeit verholfen. Dieser kleine Lichtblick machte großen Mut. Und meinen inneren Zerstörer treibe ich immer und immer wieder in den Käfig. In seine Zelle. Mit der Peitsche. Aber ich muss mir ein anderes Sicherheitssystem überlegen, denn der Kerl, der von rechts hinten immer herum schreit und Schlimmes anrichtet braucht viel Strenge. Der Kerl bricht ständig wieder aus. Die Peitsche hab ich in der Hand. „Rein mit dir, in den Käfig, du Monster!“.

Und das übe ich jetzt am Wochenende.

  • Destruktive Anteile in den Käfig schicken
  • Gnädig zu mir sein
  • 3 Mahlzeiten am Tag essen
  • Tun worauf ich Lust habe
  • Den inneren Zerstörer in den Käfig schicken. Immer und immer wieder neu, diesem nicht so viel Gehör schenken
  • Montag und Freitag daheim bleiben, das habe ich meiner Betreuerin in die Hand versprochen (Gott sei Dank!)

Jetzt aber auf ins Wochenende. Und sich vom Leben nicht alles gefallen lassen! Ein bisschen Leichtigkeit, ein bisschen Meditation, ein bisschen lesen, ein bisschen Musik hören. Ein wenig Fern sehen, ein klein wenig frische Luft und wenn sie nur, wie gerade, zum Fenster hereinkommt. Und dann vielleicht noch zu den Pferden.

Aber für diesen einen Moment: Hier und jetzt! brauche ich nichts zu tun. Es gibt nichts zu erreichen und ich darf mich ausruhen. Es ist der 9. Februar 2019. Hier bin ich sicher!