wichtig ist doch nur, dass ich könnte

Das Erbrechen hat wieder angefangen. Heute habe ich schon 3 x gegessen und danach gespuckt. Ich bin ziemlich traurig darüber. Aber hätte ich das nicht getan, hätte ich mich geschnitten und auch das, habe ich das Gefühl, kann heute noch passieren.

Alles begann damit, dass ich von einem Medikament mehr genommen habe als ich soll und dann dachte ich, dass ich es einfach wieder ausspucke und dann war das Mittagessen weg und dann folgten weitere Eskapaden.

Vielleicht mache ich mir noch Käsespätzle? Aber ich weiß wo das enden würde.

Mir ist schwindlig, ich sehe Sternchen. Selbst schuld, versteht ihr? Einfach selbst schuld!

Ich hatte es so gut im Griff und jetzt ist die Hemmschwelle einfach mal eben „ZACK“ wieder komplett weg. Jetzt kann ich mir ein Müsli machen und die Dose Erdnüsse essen. Ich kann Skyr essen so viel ich möchte und die Käsespätzle und ein Gericht aus der Tiefkühltruhe. Auf einmal steht mir die Welt wieder offen! Aber für was für einen Preis? Denk nur an die Tafel Schokolade. Knäckebrot mit Butter und Käse. Vielleicht sogar 2 Bananen und einen Apfel. So geil!

Es klappt nicht, dass ich gut zu mir bin. Es darf einfach nicht sein und ich frage mich warum?!

Ich denke an K., weine. Ich denke an D., bin traurig. Ich denke an J… sie war mir mal beste Freundin. Ich muss so heftig weinen. Ich weine um all das, das ich verloren habe. Der Weinanfall schüttelt mich richtig durch. Als ich vorher im Auto saß, habe ich laut Nein geschrien. Ich hätte vielleicht doch lieber dort bleiben sollen.

Der dysfunktionale Part hat gewonnen. Ich bin wieder da. Ana, meine Freundin auch. Ich werde es allen beweisen, dass ich etwas kann.

Gefühlt ist jetzt alles egal. Ich schließe die Zimmertüre ab. Hole meinen Stoffwürfel aus dem Regal, in dem alles fürs Schneiden liegt. Ich sehe es mir nur an. Dann stelle ich alles zurück ins Regal.

Wichtig ist mir in diesem Moment gerade nur das Wissen, dass ich könnte.

noch 2 1/2 Stunden

2. Bericht

Es sind noch zweieinhalb Stunden, bis die Feier beginnt. Als ich diesen Text begonnen habe, waren es noch zwei Stunden mehr, aber inzwischen habe ich mit meiner Mum die neue Kaffeemaschine eingeweiht und nach Bedienungsanleitung gestartet und liege jetzt mit Mia ein wenig auf dem Bett herum.

Die „Heilig Abend Zeremonie“ startet dann um 18 Uhr. Vorher war ich schon todesmüde und wusste nicht, wie ich das schaffen soll bis 18 Uhr durchzuhalten. Fragte mich, ob ich mich wohl mal hinlege?! Aber jetzt bin ich wieder fit und wach und bereit für den Abend.

Ich habe heute alle vier Pferde bewegt. Habe geduscht und gehe nachher noch mit unserem Hund raus. Ein schönes Weihnachtsfest. Ich habe das Gefühl allen Tieren gerecht geworden zu sein und das bedeutet mir so viel!!

Dann folgt später die Feierei und dann ist auch irgendwann alles gut.

Aber ich nehme mir für heute vor, ganz lange durchzuhalten! Ich habe nichts zu verlieren. Morgen haben wir keinen Stalldienst und ich kann morgen ausschlafen und mir auch das ein oder andere Glas Wein genehmigen.

Was mir auffällt aber ist, dass ich wenig Journalistin bin gerade, aber viel Tochter, viel Enkeltochter, Schwester. Jetzt ist Zeit nochmal Distanz aufzubauen. Oder will ich heute mitfühlen? Will ich heute nicht vielleicht doch einmal Tochter sein? Als Enkeltochter meine Großeltern lieben und schätzen? Meinen Onkel umarmen und familiäre Liebe spüren? Meine Schwester bei mir wissen?

Vielleicht lasse ich mich erstmal auf meine Gefühle ein und gehe einfach dann auf Distanz, wenn es passend ist und ich das brauche.

Fräulein Voni im Hundeglück

Gestern habe ich nach dem Stalldienst und dem Reiten von Voni, Mia, unseren Hund, mit in die WG genommen. Sie hat sogar bei mir übernachtet – das war so schön!

Sie war ein bisschen aufgeregt, was dazu führte, dass wir noch drei Spaziergänge gemacht haben anstelle von nur Einem. Wir waren sogar einmal im Dunkeln draußen, was mir einiges an Mut abverlangt hat.

So gut wie in dieser Zeit, in der Mia seit gestern nun bei mir ist, ging es mir schon lange nicht mehr. Wir haben eine tolle Kombination aus Spazieren und ins Bett kuscheln gefunden und es geht uns beiden gut. Mia schläft inzwischen völlig entspannt und auch meine Nacht war so gut wie ewig und drei Tage nicht mehr.

Erstaunlicher Weise habe ich gestern auch drei Mal am Tag eine je normale Mahlzeit zu mir genommen und mich nicht ein einziges Mal übergeben. Ich habe zwischendurch sogar nicht unerheblich viel Süßes genascht, aber es war okay. Es war einfach okay, weil Mia mir Kraft gegeben hat.

Ich war und bin also völlig im Hundeglück und genieße es, dass es mir so gut geht. Ich bin so dankbar für diese Erfahrung! Unglaublich was Mia alles in mir möglich macht!

Für heute stehe ich jetzt vor der Frage, ob ich mit Mia nochmal in der WG bleibe (über eine zweite Nacht), oder ob ich wieder mit ihr zu meinen Eltern fahre.

Es spricht viel dafür hier zu bleiben, einfach um die schwierigen Gefühle der letzten Zeit mit Positivem zu überschreiben. Und es spricht dafür zu meinen Eltern zu fahren, dass ich dann morgens gleich mit in den Stall kann. Ich lasse mir die Entscheidung noch offen. Entscheidungen machen mich gerade aber generell unruhig.

Ich bin erstmal und weiterhin im Hundeglück. Und ich genieße es in vollen Zügen! Es ist doch enorm mit welcher Kraft unsere Tiere auf mich wirken. Es geht mir so gut wie schon lange nicht mehr und ich bin mit Energie aufgewacht und bin ganz entzückt, dass sich Mia auch so wohl bei mir fühlt.

In einem Wort? Wunderschön!

es fühlt sich verdammt danach an

ich schreibe, weil der Tag klasse angefangen hat und ich so stolz bin, dass ich euch einfach davon berichten muss. Ihr kriegt so viel Schwieriges von mir mit, dass ich euch auch an schönen Ereignissen teilhaben lassen möchte.

Ab 6:53 Uhr habt ihr mich laufend auf den Feldern angetroffen. Ich war allen Ernstes Joggen (nach heute exakt 7 Monaten Pause, das erste Mal). Und ich bin von Anfang bis Ende durchgelaufen. Mein Puls war über die Hälfte der Zeit in Pulsbereich 5 *lach, aber was soll´s. Es hat Spaß gemacht und ich war echt stolz, dass ich sogar die Berge bis hoch zum Wald hochgejoggt bin.

Es waren dann letztlich 5,24 km in 35:28 min – ich weiß, das ist keine Heldenzeit, aber gemacht ist gemacht!

Die Waage zeigt ein Gewicht, womit ich gut umgehen kann. Danach habe ich Wechselduschen gemacht von richtig warm auf so kalt es nur geht und das sicherlich zehn, zwölf Mal im Wechsel. Danach gab es einen Proteinshake (zwei Drittel Milch, ein Drittel Wasser) und jetzt esse ich sogar noch Skyr mit roter Grütze, Chiasamen und Sonnenblumenkernen.

Mein Einkaufszettel sieht sehr gesund und viel ausgewogener aus. Ich habe Lachs mit auf den Zettel geschrieben. Hühnerbrust. Eier. Gemüse. Quark. Schafskäse. Walnusskerne.

Es ist zu früh zu sagen, dass in meinem Kopf etwas Klick gemacht hat. Aber es fühlt sich verdammt danach an.

Montag. Endlich Montag!

Heute kommt meine Lieblingsbetreuerin aus dem Urlaub zurück. Ich freue mich so sehr, dass könnt ihr euch kaum vorstellen.

Sie kommt zur richtigen Zeit wieder, denn meine Fassade bröckelt. Mein Turm fällt in sich zusammen. Ich bin schwach und schwächer geworden. Sie hat mir jeden Tag ein bisschen mehr gefehlt.

Gestern der ultimative Zusammensturz: die Essstörung hat alles gegeben was sie geben konnte. Ich habe gegessen – gekotzt. Wieder gegessen – gekotzt. Gegessen – gekotzt, bis es dann dazu kam, dass ich nicht mehr nur aß, sondern das große Fressen einsetzte. Mein Bauch war aufgebläht, mein Magen schmerzte. Und vor allem war mir so kotzübel, dass ich vorsichtig gehen musste um nicht sofort los zu speien; denn das Bad war besetzt. Und so aß ich weiter und weiter und machte drei Kreuze, als meine Mitbewohnerin dann das Bad verließ und ich meiner Kotzerei freien Lauf lassen konnte. Die Übelkeit habe ich zuvor durch Weiteressen kompensiert. Absurd.

Es ist eklig. Ich weiß das. Ich versuche es zu lassen. Ehrlich. Ich stecke viel Kraft dahinein. Vergeblich (scheint mir manchmal).

Fest steht, so dramatisch wie gestern verlief es schon lange nicht mehr. Und ich will auch sagen „fest steht, dazu kommt es nicht wieder“, leider kann ich das aber nicht versprechen.

Ich werde mich heute wiegen und liege aus diesem Grund schon lange wach. Aufregung. Abführen. Nichts trinken. Bangen und Hoffen. Was halt so dazu gehört.

Gestern vor dem Spiegel stehend dachte ich mir zum ersten Mal „mensch, Voni – jetzt sieht man, dass du abgenommen hast“ und dann war ich glücklich für einen kurzen Moment. Ich dachte mir sogar, „weniger muss es auf keinen Fall sein“. Dennoch die Panik ich könnte weiter zugenommen haben. Denn ich wünsche mir sehr, dass meine Lieblingsbetreuerin merkt, dass ich abgenommen habe. Denn dann könnte ich vielleicht wieder ins Zero-Kotz-Projekt einsteigen und üben wieder regelmäßig zu essen. Vor allem üben nicht zu Erbrechen und mir endlich ein Regelmaß fürs Essendürfen (auch was, wann und wieviel) kreieren. Eben das, was ich schon seit Wochen mit Frau Hoffnung zusammen versuche.

Ich erinnere mich an einen Buchtitel, der irgendwie zu meiner naiven Essstörung passt:

Alles wird gut mit 50 Kilo„. Von 50 kg bin ich noch weit entfernt. Aber stellvertretend auf mich angewendet trifft es das ganze Spektakel ganz gut.

Essstörung? kann ich mir finanziell eigentlich gar nicht leisten.

Fürs Kotzen zahlen?! Wie gemein ist das denn?

Gestern haben mich 3x Kotzen etwa 30€ gekostet. So mit allem drum und dran. Es frustriert und macht mich nachdenklich und traurig. Ich habe nicht viel Geld – ich kann mir bulimische Phasen einfach nicht leisten. Deswegen esse ich heute (vielleicht) mal etwas weniger.

Vielleicht ist es ja gut, dass ich es mir nicht leisten kann, vielleicht.

als wär ich in der Klinik

Heute ist ein besonderer Tag. Er begann mit Bedarf (inkl. Tavor), ging weiter mit einer guten Betreuungszeit bei meinem Betreuer und war davor, dazwischen und danach immer von dem Lesen eines Buches begleitet, das mich echt abgeholt hat.

Es geht um das Leben in der Psychiatrie und persönliche Erfahrungen und ist wunderbar geschrieben. Zu meiner persönlichen Freude weiß ich, dass der Autor dieses Buches auf der gleichen Station war, wie ich es mehrmals war. Das macht es so nah. Ich fühle sehr mit. Und erkenne alles was er beschreibt wieder.

Ich konnte lange nicht mehr lesen aber jetzt geht es: was für ein Geschenk.

Und dann tauchte auf einmal dieses Heimatgefühl auf… das Gefühl das ich an Psychiatrie-Tagen hatte, an denen ich terminlos in den Tag leben konnte und das Einzige das zu leisten war, war irgendwie durchzuhalten.

So fühle ich mich auch jetzt und kann trotzdem sagen, dass es mir eine gewisse Leichtigkeit bringt, mich zu fühlen als sei ich stationär. Es nimmt Last ab. Es gibt einen klaren Rahmen. Man muss nicht selbst entscheiden wann man was genau isst. Man muss nicht gut drauf sein, kann man. Man muss es nur nicht. Und diese Selbstlüge „du bist gerade in der Klinik“ rettet meine heute sehr schlechte Verfassung.

„Wir alle spielen Theater.“

In der Vorstellung stationär zu sein kann ich mich entspannen. Etwas Verantwortung abgeben und die Sicherheit empfinden, die ich mir selbst nicht geben kann und so lasse ich mir diese (leider nur) Illusion und bleibe bei der Vorstellung ich sei wohlbehütet in der Psychiatrie. Es hilft: und nur darum geht es in diesem Moment gerade.

Dann kommt noch ein Zustand hinzu, der mich ebenso irgendwie wie frei macht: meine Mitbewohnerin C. ist seit gerade und auch über Nacht weg und ich genieße es, weil sie immer alles genau überwacht (ich mag sie aber trotzdem sehr)!

Ich bin jetzt mit meiner Mitbewohnerin S. alleine im Haus. A. ist noch in der Klinik, M. Arbeitet, C. ist wie gesagt unterwegs und so kommt es, dass ich seit Wochen mal wieder unten im Wohnzimmer auf dem Sessel sitze, was ich nur deshalb tue, weil ich die Decke darüber vor wenigen Tagen mal gewaschen habe. Es ist herrlich hier!

Am liebsten würde ich mich ein wenig in die Sonne setzen. Aber mein bislang gesammelter Sonnenbrand spricht sich eher für eine Pause aus. Auf den Balkon komme ich sowieso nicht raus, der Rollladen ist kaputt. Banalitäten.

Meinen Waschtag habe ich fast hinter mir. Das Bett ist, wie jeden Dienstag, frisch bezogen und nur das Abstauben wartet noch auf mich. Vielleicht mache ich das aber auch erst morgen „fuck the system“ und so.

Jetzt schüre ich meine Selbstlüge ich sei in der Klinik. Ich rede mir ein, dass immer jemand da ist, wenn ich jemanden brauche (was nicht stimmt, aber ich wollte mich ja austricksen, also mache ich das auch). Und so lehne ich mich Sessel zurück und atme.

Atme das erste Mal am heutigen Tag einfach nur durch und schicke einen Seufzer hinterher. Es darf so sein wie es gerade ist.

es heißt, Scherben spiegeln das Licht, doch ich sehe es nicht

Schwarz. Ich erkenne nichts mehr, erkenne mich nicht mehr. Bin eine Marionette am seidenen Faden, ich lächle, spiele allen etwas vor, doch innerlich ist da nichts mehr. Bin gefallen, auf den Boden geknallt, in tausend Scherben zerbrochen. Es heißt, Scherben spiegeln das Licht, doch ich sehe es nicht.

Brigitte Strehl,
aus: „Am liebsten würde ich auf der Waage eine Null stehen haben“

throwback to 2009 (1)

Den ganzen Tag über war ich verhalten was das Essen angeht und habe letztlich doch keine Mahlzeit ausgelassen. Heute am Abend ging es langsam los.
Ein Eiweißbrot mit Käse, zwei Kekse, ein halbes Fischbrötchen und dann wieder Süßkram und mit einem Schlag wurde mir klar:
“ich werde mich übergeben”. Von da an gab es kein Halten mehr.

Und dann sitzt du im Bad und stopfst die letzten Kekse vor dem Kotzen in dich rein, “weil es ja jetzt eh schon egal ist”, du brauchst das Gefühl die Kontrolle zu haben, während du sie gerade wissentlich verlierst. Du trinkst einen Liter Wasser, isst zwischenrein Kekse. Trinkst. Frisst. Stopfst in dich rein was noch Platz hat. Der Magen ist voll und schmerzt schon leicht, und das obwohl du weißt, dass das hier nicht einmal ein echter, richtig großer Fressflash ist. Und doch fühlt es sich so an und was du in dich hineingezwängt hast, lohnt sich alle mal zu erbrechen.

Dein Bauch ist voll, die ersten Schmerzen machen sich bemerkbar, du stößt noch einige Male auf, dann stimmt das Mageninhalt-, Wasser-, Luft-Verhältnis. Jetzt geht es gleich los.

Du stehst auf, beugst dich über die Porzellanschüssel, steckst deine halbe Hand bis in den Hals in dich hinein und es geht los. Sehr schnell, sehr oft würgst du all das Gefressene heraus – bis du regungslos dastehst. Leer. Im Kopf und im Magen. Außer Magensäure bekommst du nichts mehr aus dir raus.
Du findest alles ekelhaft. Und doch hältst du dein Vorgehen für gerechtfertigt, ja sogar für nötig und notwendig, gänzlich unumgänglich. Die Leere hält noch einen Augenblick an, dann kommt eine immense Traurigkeit in dir auf.
Betäubt und mit Kloß im Hals (weil dir eigentlich nach Heulen zumute ist), wäschst du alles gründlichst und mehrere Dutzend Mal. Du putzt das Klo, und dich umso reinlicher.
Nichts mehr deutet auf den Vorfall gerade hin – du hast alle Spuren beseitigt. Nur eine tiefe Spur bleibt zurück – die Spur deiner Seele.

… und auf einmal weinst du.

Du legst dir deine Tabletten raus, willst Bedarf nehmen und weißt, besser wird es heute nicht mehr. Wenn der Bedarf nicht schnell ausreichend wirkt, wirst du wieder fressen und wieder kotzen. Dann wirst du wieder kurz eine Leere in dir spüren und das Klo putzen und wirst versuchen dich rein zu waschen und du weißt schon jetzt, dass dir das nicht gelingen wird – weil die Reinheit schon jetzt verschwunden ist. Du versuchst dich abzulenken. Aber du hältst nichts aus. Jedes Buch zu lesen, reicht die Aufmerksamkeit nicht aus. Der Fernseher ist dir zu hell, die wechselnden Bilder sind zu viel, der Ton zu laut, selbst auf der niedrigsten Stufe. Musik zersprengt beinahe deinen Körper und du willst einfach nur rennen. Weg von dir selbst. Und doch weißt du nicht, ob du im Dunklen und bei Schneeregen rausgehen sollst und der Schwindel entscheidet für dich: du kannst nicht.

Es ist traurig, aber ich bin gerade gefühlt tausend Meilen zurück gerannt. Und ich fühle mich furchtbar einsam. Die Traurigkeit überwältigt mich und eigentlich müsste ich mich nicht einsam fühlen, weil ich nicht alleine bin und doch ist sie doch so immens und groß.

Ich wünsche mir gehalten zu werden und weiß, dass ich es heute nicht mehr werde.

– Gedanken und Gefühle aus 2009.

And I’m proud of that.

Weinend bin ich um 1 Uhr aus einem furchtbaren Alptraum aufgewacht. Meine Augen schmerzen, weil ich so sehr weinen musste. Noch immer weinend, sitze ich nun bei einem Kaffee in der Küche, höre Musik und versuche mich irgendwie zu beruhigen. Leider gelingt mir das kaum. Ich bin gerade so einsam mit diesem Schmerz.

Am liebsten würde ich jetzt lang und heiß duschen. Es stellt sich aber die Frage, ob das für meine vier Mitbewohnerinnen nicht zu laut ist, immerhin ist es noch nicht einmal 3 Uhr am Morgen. Hinzu kommt leider, dass ich mich gestern selbstverletzt habe und dann ist das immer die Frage, ob es den noch recht frischen Schnitten wirklich gut tut, sie mit Wasser in Berührung kommen zu lassen.

Gestern Nachmittag kam ich nicht mehr klar. Ich war mir sicher es ohne Erbrechen zu schaffen. Ich habe gekämpft wie eine Löwin und bin dann doch wieder eingebrochen. Der Betreff der E-Mail an meine Lieblingsbetreuerin (mit der angehängten Verhaltensanalyse) lautete nur aufgebend „ach was soll’s“. Ich verfiel erst in Starre und dann schnitt ich mich; Den linken und rechten Unterarm, sowie meinen linken Oberarm habe ich verunstaltet. Ich habe alles gut versorgt und es war nicht nahtpflichtig, worüber ich echt froh bin. Ich möchte das nicht mehr.

Mein Wochenende war schwierig. Die Essstörung war sehr präsent. Und heute Morgen geht es mir nach diesen schrecklichen Alpträumen seit langem das erste Mal so, dass ich wünschte in der Klinik zu sein. Nicht weil die mir helfen könnten (denn ich wüsste nicht wie), sondern einfach weil ich dann jetzt nicht alleine hier sitzen würde.

In die Klinik möchte ich aber tatsächlich auf gar keinen Fall und in 6 Stunden habe ich zum Glück ja auch Betreuung.