Ich wache auf aus einem bewegenden und verzweifelt machenden Alptraum und fühle mich, wegen des Traums, schlecht und schuldig und bin allgemein fertig mit den Nerven. Der Traum suggeriert mir nur wieder einmal das, was ich ohnehin von mir denke: „ich bin falsch“, „ich stelle mich nur an“, „ich bin ein schlechter Mensch“.
Draußen zwitschern die Vögel!
Zu allem Übel kommt nun auch noch eine Wiederholungsuntersuchung/ ein erneutes Gutachten auf mich zu und ich weiß nur eine Sache, die jetzt noch oben drauf kommen könnte, die mich, neben der „Therapie-Geschichte“ und dem Gutachten, noch mehr in den Abgrund reißen könnte. Alles was jetzt noch fehlt ist ein Hilfeplangespräch. Aber ich ahne es schon, wahrscheinlich steht es schon unten vor der Haustür und wartet nur darauf, dass ich ihm die Türe öffne.
Und merke: es geht immer schlimmer. Man soll das Leben ja nicht unnötig herausfordern.
Trotzdem mag ich meine Sachbearbeiterin.
Meine Lieblingsbetreuerin sagt, dass wir das zusammen schaffen, alles was ansteht und ich bin ihr sehr, sehr dankbar. Eigentlich wollen wir die nächste Therapiesitzung verschieben. Nach hinten raus. Aber durch meinen Alptraum heute Nacht bin ich nur schrecklich angespannt und eingeschüchtert. Bloß nichts Falsches machen mit meiner Therapeutin. „Du musst da hin, Fräulein Voni!“, „andernfalls wird sie sehr sauer auf dich sein!“. Und ich will es nicht, dass irgendwer sauer auf mich ist: schon gar nicht wenn ich diese Person eigentlich gern hab.
Ich frage mich, ob ich „wieder nur“ Schatten sehe und einfach unter Pseudohalluzinationen leide, oder ob hier wirklich etwas herum fliegt. Aber das ist nicht mein größtes Problem gerade. Es wäre nur das Tüpfelchen auf dem „i“. Angesichts des hohen Stress wäre das sogar denkbar. Aber dafür habe ich keinen Kopf. Und so lange ich noch weiß, dass es nur Pseudohalluzinationen sind, ist ja alles noch irgendwie okay.
Draußen schüttet es wie aus Kübeln, dazu starker Wind. Ich habe mein Fenster aufgemacht, mich davor gesetzt und meine Füße auf die Fensterbank gelegt. Sie werden nass und der kalte Wind lässt das Wetter an meinen Füßen wie einen Kühlakku der Natur anfühlen. Herrlich!
Und dann erinnere ich mich eines Spruches, der alle Sorgen abtut und relativiert, auch wenn er etwas salopp ist:
So lange du atmest, läuft mehr richtig als falsch!
Ich versuche mich damit zu beruhigen, was nicht gelingen mag und so denke ich am frühen Morgen schon über meine Bedarfsmedikation nach, bin mir aber sicher, dass ich es noch aushalten möchte.
Wenn ich mich nur wiegen könnte, vielmehr dürfte. Aber Abmachung ist Abmachung. Also halte ich den Deal mit meiner Lieblingsbetreuerin auch ein. Nächster Wiegetermin ist erst der 31. März. Trotzdem arbeitet die Essstörung auf Hochtouren. Aber das ist wiederum ein anderes Thema.

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