Ich muss noch kurz. Ich mach mal schnell.

Ich schreibe meiner Lieblingsbetreuerin eine Mail und schildere folgendes:

Es geht um den Drang zu meinen Eltern zu fahren. Was wir aber für den Samstag anders geplant haben.

(…) Denn sonst würde ich jetzt wanken und schwanken um dann mit einem plötzlichen Schlag in meinem Hirn, ratzfatz alles einzupacken was ich zu brauchen denke und dann hektisch losfahren und mich erst wieder beruhigen, wenn ich Mia im Arm halte. (…)

Ich muss noch kurz. Ich mach mal schnell.

Vor einiger Zeit habe ich im Radio auf SWR3 einen kurzen Beitrag gehört, in dem es darum ging, dass wir uns selbst unter Druck setzen, uns hetzen und manipulieren, in dem wir immer wieder sagen „ich mache mal kurz den Abwasch“, „kannst du noch schnell den Müll rausbringen?“. Die Pastorin beschrieb, dass uns solcherlei Äußerungen unbewusst scheuchen und uns Stress bereiten. Sie gab Anregungen zu anderem Denken:

„jetzt mache ich noch in Ruhe den Abwasch“, und „ich gehe später noch gemütlich einkaufen“.

Seit ich auf solche Worte achte, kehrt in mir tatsächlich mehr Ruhe ein. Aus einem „ich muss das sofort machen“, wird ein „das mache ich jetzt in aller Ruhe fertig“. Das Verblüffende ist doch, dass wir gar nicht länger für diese Dinge brauchen, es uns aber ein Gefühl der inneren Ruhe schenkt. Zumindest ein bisschen.

so lange du atmest, läuft mehr richtig als falsch

Ich wache auf aus einem bewegenden und verzweifelt machenden Alptraum und fühle mich, wegen des Traums, schlecht und schuldig und bin allgemein fertig mit den Nerven. Der Traum suggeriert mir nur wieder einmal das, was ich ohnehin von mir denke: „ich bin falsch“, „ich stelle mich nur an“, „ich bin ein schlechter Mensch“.

Draußen zwitschern die Vögel!

Zu allem Übel kommt nun auch noch eine Wiederholungsuntersuchung/ ein erneutes Gutachten auf mich zu und ich weiß nur eine Sache, die jetzt noch oben drauf kommen könnte, die mich, neben der „Therapie-Geschichte“ und dem Gutachten, noch mehr in den Abgrund reißen könnte. Alles was jetzt noch fehlt ist ein Hilfeplangespräch. Aber ich ahne es schon, wahrscheinlich steht es schon unten vor der Haustür und wartet nur darauf, dass ich ihm die Türe öffne.

Und merke: es geht immer schlimmer. Man soll das Leben ja nicht unnötig herausfordern.

Trotzdem mag ich meine Sachbearbeiterin.

Meine Lieblingsbetreuerin sagt, dass wir das zusammen schaffen, alles was ansteht und ich bin ihr sehr, sehr dankbar. Eigentlich wollen wir die nächste Therapiesitzung verschieben. Nach hinten raus. Aber durch meinen Alptraum heute Nacht bin ich nur schrecklich angespannt und eingeschüchtert. Bloß nichts Falsches machen mit meiner Therapeutin. „Du musst da hin, Fräulein Voni!“, „andernfalls wird sie sehr sauer auf dich sein!“. Und ich will es nicht, dass irgendwer sauer auf mich ist: schon gar nicht wenn ich diese Person eigentlich gern hab.

Ich frage mich, ob ich „wieder nur“ Schatten sehe und einfach unter Pseudohalluzinationen leide, oder ob hier wirklich etwas herum fliegt. Aber das ist nicht mein größtes Problem gerade. Es wäre nur das Tüpfelchen auf dem „i“. Angesichts des hohen Stress wäre das sogar denkbar. Aber dafür habe ich keinen Kopf. Und so lange ich noch weiß, dass es nur Pseudohalluzinationen sind, ist ja alles noch irgendwie okay.

Draußen schüttet es wie aus Kübeln, dazu starker Wind. Ich habe mein Fenster aufgemacht, mich davor gesetzt und meine Füße auf die Fensterbank gelegt. Sie werden nass und der kalte Wind lässt das Wetter an meinen Füßen wie einen Kühlakku der Natur anfühlen. Herrlich!

Und dann erinnere ich mich eines Spruches, der alle Sorgen abtut und relativiert, auch wenn er etwas salopp ist:

So lange du atmest, läuft mehr richtig als falsch!

Ich versuche mich damit zu beruhigen, was nicht gelingen mag und so denke ich am frühen Morgen schon über meine Bedarfsmedikation nach, bin mir aber sicher, dass ich es noch aushalten möchte.

Wenn ich mich nur wiegen könnte, vielmehr dürfte. Aber Abmachung ist Abmachung. Also halte ich den Deal mit meiner Lieblingsbetreuerin auch ein. Nächster Wiegetermin ist erst der 31. März. Trotzdem arbeitet die Essstörung auf Hochtouren. Aber das ist wiederum ein anderes Thema.

über unruhige Nächte und meine Essstörung

Diese Nacht heute ist schlimm. Ich wache und wache immer wieder auf, bis ich am Ende, kurz vor Mitternacht, beschließe, dass ich jetzt eine Pause von meinen Alpträumen brauche. Dann bin ich aufgestanden.

Gestern, Mittag und Abend, habe ich unter einem furchtbaren „Fress-Kotz-Anfall“ gelitten. Der Leidensdruck ist hoch gewesen und dann fing es an.

Ich habe sogar Lauchgemüse gekocht, was echt lecker war. Aber danach ging es dann damit los, dass ich kein Halten mehr fand. Und so ging ich die Treppen hinunter in die Küche, machte mir etwas zu Essen. Aß in meinem Zimmer (Treppen hoch) um dann doppelt so viele Treppenstufen in den Keller zu nehmen, wo ich mich im Bad eingeschlossen dann allen gegessenen Dingen entledigte. Danach wieder in die Küche, wieder hoch, wieder runter ins Bad. Dann wieder Küche. Es war sehr schlimm für mich. Und ich kam aus diesem schlimmen Kreislauf nicht mehr raus, bis meine Betreuerin mich angerufen und mir Mut zugesprochen hat.

Dann begann eine kurze Zeit des Weinens, weil ich so dankbar für meine Lieblingsbetreuerin bin. Sie tut so, so viel für mich! Und dennoch sagt sie, dass sie denkt ich bräuchte viel mehr Unterstützung. Ich sehne mich danach auch sehr. Ja! Aber ich möchte bei Frau Hoffnung in der Betreuung bleiben und sein. Also kommen andere Gedanken gar nicht erst in Frage. Zudem bin ich zufrieden mit dem was gerade ist. Sie ist mir wichtig. Unglaublich wichtig und ich liebe sie für alles was sie für mich tut (und sie tut sehr, sehr viel für mich). Ich hab sie einfach als meine Betreuerin so lieb und gern. Sie schenkt mir so vieles emotionales, fürsorgliches. So viel Kraft und achtsamen Lebensmut. So etwas Schönes hat zuvor noch nie ein Mensch für mich getan!!

Ich versuche immer tapfer zu sein! Und ich gebe immer mein Bestes.

Ich esse etwas, dann denke ich „diesmal schaffe ich es ohne“ (zu erbrechen) und dann gelingt es dennoch nicht. Das sieht dann so aus, dass ich kleine bis mittlere Portionen esse, viel Wasser trinke und mich anschließend selbstinduziert erbreche. Direkt danach esse ich das nächste Mal und übergebe mich erneut. Jedes Erbrechen ist aber nicht mit einmal würgen erledigt. Und so stehe ich oft minutenlang vor der Toilette und schmeiße „gekonnt“ alles raus was keine Miete zahlt.

Das ist nicht mit einem Mal erledigt, den Magen wieder zu entleeren. Man braucht schon mehrere Etappen, bis zur Bezeichnug „ich habe gekotzt“. Einmal Erbrechen ist also nur der Oberbegriff für das, dass ich mehrere Male würgend vor dem Porzellangott stehe.

Gestern habe ich dann noch ein kleines Telefonat mit meiner Betreuerin gehabt, die sagte „Fräulein Voni, jetzt ist gut für heute“ und „passen Sie gut auf sich auf“ und sie sagt, dass sie gerade nicht auf mich aufpassen kann, weil sie zu weit weg ist und ich verspreche es ihr. Weil ich weiß, dass wir uns beide schätzen.

Ich bin glücklich, dass meine Lieblingsbetreuerin an meiner Seite ist. Einfach von Innen heraus so tief dankbar und bewegt.

da muss man durch, als Lurch, wenn man Frosch werden will

Heute Morgen wird mir ein weiteres Mal klar, dass jede Entscheidung ein Massenmord an Möglichkeiten ist.

Ich entschließe mich, daheim in meiner WG zu bleiben. Und dann brummelt mein Bauch und mein Hirn dreht hohl „willst du nicht lieber zu deinen Eltern“? und ich merke, wie der Brand in meinem ganzen Dasein lodert und ich nur Benzin zum Löschen habe. Kurzum, meine Rationalität ist weg. Komplett weg.

Und nun sitze ich da (es ist noch nicht einmal 8 Uhr am Morgen) und ich weiß jetzt schon nicht, wie ich den Tag überstehen soll, weil ich einfach schlichtweg null Planung habe, was ich will.

Meine Lieblingsbetreuerin hat gestern zu mir gesagt, dass meistens der erste Impuls und das Bauchgefühl ausdrücken, was gut für einen ist und was man möchte.

Und dann kehrt auf einmal Ruhe in mir ein, auch wenn ich weiß, dass diese gleich wieder weg sein wird. Aber ich ziehe in Erwägung wirklich zu Hause zu bleiben und in der WG zu sein.

Jedenfalls traf ich dann die Entscheidung hier daheim zu bleiben und wie das halt gerade so ist, triffte ich dann wieder zum Gegenteil und will zu meinen Eltern und unserem Hund.

Es ist ein Chaos.

Aber da muss man durch, als Lurch, wenn man Frosch werden will.

Heiraten – nur so ’ne Idee

Im Fernseher läuft VOX.  Stumm.

Als ich das letzte Mal auf das, auf Stumm geschaltete, Bild sah, lief „ShoppingQueen“. Irgendwie noch lebensnah für mich, weil ich ja auch ab und an Kleidung kaufe, auch wenn ich ein so immens hohes Budget sicherlich noch nie in meinem Leben hatte und es wahrscheinlich auch nie haben werde.

Dann aber läuft jetzt „4 Hochzeiten und eine Traumreise“, was mich nicht interessiert, weil ich wahrscheinlich nie heiraten werde. Und so bleibt es dabei, dass alles im Stummen, an mir vorbeizieht. Aber just in diesem Moment kam mir eine, ja sogar fast sensationelle Idee:

Ich könnte mich doch mit meinen Erkrankungen verheiraten lassen.

… vielleicht werden wir (meine psychischen Erkrankungen und ich) uns dann nicht mehr ewig bekriegen. Nein. Vielleicht wird sogar eines Tages dann Liebe daraus?

Als Hochzeits- und Traumreise, würde ich dann „das Leben“, wählen.

Einblutungen am Auge

So, jetzt ist es so weit. Unter meinem linken Auge sind beim Erbrechen Äderchen geplatzt. Ich habe ein weinrot unterlaufendes Auge. Wer es jetzt nicht sieht, der wird es nie kapieren. Scheint aber erstmal niemandem krass aufzufallen. Was für ein Glück.

Es ist mir peinlich zu Kotzen. All das gute Essen und all die Mühen, die hinter den Nahrungsmitteln stehen

Heute weine und heule ich, dann weine ich wieder. Ich höre mein aktuelles Lieblingslied. Bin traurig. Frustriert. Inzwischen wiege ich knapp 60 kg. Für mich ein Alptraum: ich liege 10 kg über meinem Wohlfühlgewicht. Und ich bin innerhalb sehr weniger Wochen da hinauf geschossen. Alles nicht verstehbar für mich.

Ich kann nicht mehr. Ich kann wirklich nicht mehr. Ich kann es nicht mehr aushalten. Und dank des Olanzapin bekomme ich meine Fressanfälle nicht in den Griff. Aber liegt es wirklich daran? Oder bin ich einfach nur unfähig mich zu zügeln?

Fakt ist: ich nehme immer weiter zu.

TW: Kotzorgie

*Triggerwarnung*

Herzlich willkommen zur Kotzorgie des Tages,

guten Tag meine Damen und Herren, ich präsentiere Ihnen hiermit, die bereits 7. Kotzorgie des Tages. Seien Sie gespannt auf die akrobatischen Ganzleistungen unseres Teams und lassen Sie sich von deren Kunststücken mit und über dem Porzellan-Gott verzaubern.

Und dann fresse ich wieder.

Ich bin nie der Mensch, der ich morgens bin, nie der Mensch, der ich mittags bin und nie bin ich dieser Mensch morgens.

Morgens bin ich meist euphorisch. Mittags motiviert und abends bricht die Welt über mich herein.

Ist das also der Kreislauf meines Lebens?

und ich habe? Wart‘ mal, ich habe niemanden!

Ein bisschen fühle ich mich einsam. Allein.

Meine Mitbewohnerin C. hat Besuch von ihrer Freundin und ihrem Mann. A. meine zweite Mitbewohnerin, sitzt dabei, ist integriert.

S., meine dritte Mitbewohnerin, hat ihren Freund hier.

Und ich habe? … wart‘ mal, ich habe nur mich!

Und so sitze ich dann weinend in meinem Zimmer. Bin froh alleine zu sein und irgendwie auch nicht. Mein Leben rinnt, wie die Regentropfen an der Scheibe, in mir hinab. Ich will nicht mehr und frage mich, warum ich trotzdem muss.

Ich habe Bedarf eingenommen, zwei Mal meine Ration Tavor, davor schon Pipamperon. Aber meine Einsamkeit kann einfach nichts auffangen.

Ich koche Kartoffeln und fühle mich dadurch gleich schon weniger alleine, weil die Idee von meiner Lieblingsbetreuerin gekommen ist und ich mich ihr dann näher fühle, als wenn ich alleine kochen würde. Vielleicht kocht sie gerade auch?

Ich koche nicht schlecht, aber ich koche nicht gerne für mich. Wenn ich meine Familie bekochen kann, dann macht mir das Spaß. Aber ich sehe den Sinn nicht dahinter, dass ich für mich selbst kochen sollte.

Das mache ich jetzt aber trotzdem. Ich koche mir Kartoffeln. Kartoffeln: nur für mich!

Manchmal frage ich mich, warum ich mich von manchen Männer so distanziert habe, Beziehungen beendet habe. Ich weiß genau warum, weil ich es einfach nicht anders gekonnt hätte. Ich will keinen Mann an meiner Seite. Ich will es wirklich nicht, und viel mehr kann ich es einfach nicht. Aber ich bin trotzdem neidisch auf jede meiner Mitbewohnerinnen. Sie haben jemandem, an dem sie sich anlehnen können.

Und ich habe…, wart‘ mal, ich habe niemanden!

Ich habe sehr liebenswerte Menschen um mich herum. In der Betreuung, in der medizinischen Versorgung… aber wenn es ums Ganze geht, darum, zu überleben und einfach einmal jemanden zu haben, der mich auffängt (auch abends oder an einem beschissenen Sonntag), dann stehe ich ganz alleine da und dann ist da niemand. Einfach niemand!

ich verlang‘ doch nich viel…

Gestern war ein sehr katastrophaler Tag. Es ging mir elend und ich konnte nicht einmal mehr das tun, was mir eigentlich so gut tut: Schreiben! Ich war wieder komplett in der Dissoziation gefangen. Hatte Pseudohalluzinationen, dachte mein Vater stünde in meinem Zimmer und rede mit mir und ich habe ihm geantwortet. Es war skurril!

Heute Morgen geht es mir wieder etwas besser. Aber die Frage ist doch: für wie lange?

So gerne würde ich heute Früh joggen gehen, denn ich habe schon wieder zugenommen, aber ich packe das nicht. Immerhin kommt aber meine Betreuerin nachher und wir spazieren ein bisschen, was besser als nichts ist.

Heute Früh habe ich schon die Spülmaschine ausgeräumt und den Tag somit fleißig begonnen. Gestern habe ich das Haus auf den Kopf gestellt: Bad geputzt und gewischt, mein Zimmer aufgeräumt, gewischt und abgestaubt, das Treppenhaus sauber gemacht und 5 Maschinen Wäsche gewaschen, mein Bett frisch bezogen meine Ohrenschmerzen bei dem allen im Hintergrund gehalten.

Ich habe zahlreiche Male gekotzt und auf heute trotzdem 400 Gramm zugenommen. Ich weiß schon, dass das Schwankungen sein können, aber wenn es immer nur mehr und mehr wird, hat das nichts mehr mit Schwankung zu tun, nein: ich werde fett!