Letzte Woche war meine Betreuerin mit mir zusammen bei der Psychiaterin. Sie war sicher, dass wir auf Verständnis stoßen. Aber dem war dann doch nicht wirklich so. Es gab einen Punkt, an dem ich dachte und das Gefühl hatte, dass meine Betreuerin und meine Psychiaterin sich richtig angelegt haben. Ich habe viel geweint in diesem Termin.
Irgendwann ging es dann um die Medikamente und dass wir drastisch und radikal reduzieren müssten. Wir haben uns geeinigt, dass wir das Haldol ganz streichen und ich habe, wieder daheim, meiner Betreuerin auch gleich die ganze restliche Packung (70-80 Stück etwa) mitgegeben. Meine Betreuerin wollte sie erst noch bei mir lassen, aber ich sagte zu ihr „ich brauche sie nicht mehr“. Und ich habe diese (das war am Montag, also vor genau einer Woche), nicht ein Mal vermisst.
Die zwei Tage nach diesem Termin waren für mich sehr, sehr schwierig. Meine Betreuerin und mein Betreuer haben mich aufgefangen, aufgebaut und waren einfach für mich da. Das hat mir geholfen wieder auf die Beine zu kommen. Gerade auch deren Haltung und Meinung zu diesem Termin war stabilisierend.
Ende der vergangenen Woche, kam dann ein Arztbrief, von meiner Psychiaterin, der namentlich an meine Hausärztin gerichtet ist. Ich gehe davon aus, dass dieser Brief auch an sie gesendet wurde und habe mich kurzzeitig gefragt, ob ich dazu überhaupt mal eingewilligt habe. Ich bekam den Brief am Sonntag, als ich wieder in die WG kam und er hat mich erschreckt und mich auch wütend gemacht. Es hat aber auch sein Gutes, denn ich bin nicht der Meinung, dass ich Tavor abhängig bin. Ich habe alle Tavor zusammengesucht (jedes kleine Milligramm) und werde diese heute meinem Betreuer aushändigen. Ich will sie nicht mehr sehen und wenn sie nicht mehr hier herumliegen, komme ich auch nicht in Versuchung.
Was mir neu war ist, dass ich eine „bipolare Störung“ haben soll. Und dass ich eine „schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen“ habe, entspricht auch nicht meinem Empfinden. Im Gegenteil ging es mir die letzte Zeit recht gut und psychotisch war ich auch nicht. Ich warte nun gespannt darauf, was mein Betreuer und meine Betreuerin zu dem Brief sagen. Außerdem sei, laut meiner Psychiaterin, ein stationärer Klinikaufenthalt indiziert.
Ich habe mich gegen einen Klinikaufenthalt ausgesprochen, weil ich mich nicht in Not sehe. Zudem auch aktuell gegen eine ambulante Therapie, da ich 5 Stunden Betreuung in der Woche habe und mich eine Traumatherapie destabilisieren würde. Das sah meine Psychiaterin letztlich auch so, aber eine Verhaltenstherapie fände sie gut und es hätten sich mehrere neue Therapeuten neu niedergelassen. Darüber werde ich nachdenken.
Ich glaube, dass alle Beteiligten (meine Betreuer und meine Psychiaterin) sich Gedanken und auch Sorgen um mich gemacht haben und dass sie alle gute Absichten haben und mir Gutes wollen. Es war nur jetzt alles so heftig und so schockierend für mich, dass ich das kaum verarbeiten konnte. Erst jetzt, wie ich diesen Beitrag schreibe, bekomme ich eine gesunde und distanziertere Haltung zu den ganzen Erlebnissen.
Der Brief… so hart er sich liest, ist vielleicht auch ein Alarmzeichen für mich gewesen. Zumindest zeigt er mir, was auch meine Psychiaterin sagte, dass ich zu viele Medikamente nehme und dass das nicht gut für meinen Körper ist. Das habe ich verstanden und ich habe drastisch reduziert. Kein Haldol mehr, kein Tavor mehr.
Meine Psychiaterin hat mich dieses Mal erst zum 3. Mal gesehen. Meine Betreuerin sagte mit Recht, dass sie mich 3 x in der Woche sehen, seit fast 4 Jahren. Es ist schnell klar, wer mich besser kennt. Ich vertraue meinen Betreuern sehr. Es war alles so schockierend und verstörend. Aber die dringende Notwendigkeit meine Medis reduzieren zu müssen, habe ich verstanden und sie bereits in die Tat umgesetzt. Ich hatte meine Psychiaterin noch gefragt was ich als nächstes, nach dem Haldol, reduzieren solle. Darauf antwortete sie, dass das bis zum Termin in 3 Monaten reicht. Das fand ich komisch. Das Tavor lasse ich also aus absolut und freien Stücken weg.
Ich glaube darauf kann ich stolz sein!