Der Eisstiel im Wohnzimmer

Es gibt so Dinge, die mir einfach nicht in den Kopf wollen.

Meine Mitbewohnerin A. lebt sehr… sagen wir -intensiv- in unserem WG-Wohnzimmer. Alles mögliche liegt auf dem Boden. Abgekratzte Tapete, die sie mit dem Schaukelstuhl abgeschabt hat, Landlust-Zeitschriften, ein Jahresabonnement der Flow. Kunstartikel, Farben, Blätter. Durchaus sehr schöne kreative Dinge dabei, denn das kann A.

Aber dann kommen wir zum Müll, den ich im Eisstiel zusammenfassen werde. Warum (?) lässt A. Ihre Eisstiele einfach achtlos und unkollegial auf den Boden fallen. Warum? Das hat so etwas provokatives für mich, immer noch, obwohl ich jetzt fast schon drüber weg bin.

Was ich absolut nicht einsehen kann ist: dass meine Betreuerin jetzt für A. aufräumt, weil die es nicht mehr schafft. Es geht mir nicht darum, dass es A. nicht mehr schafft. Das ist okay und vielleicht Teil ihrer Erkrankung. Aber zu A. kommt jemand zum Putzen, warum lässt sie die das nicht machen… ihr blutverschmiertes Klo lässt sie ja auch von jenen putzen, die vom Pflegedienst kommen.

Worauf ich raus will ist, dass ich es nicht nachvollziehen kann, dass meine Betreuerin solche Sachen für A. putzt. A. macht es sich so verdammt einfach. Und ich will da für meine Betreuer einstehen.

Mir geht es unterdessen sehr schlecht. Ich kämpfe. Wünschte ich bekäme heute Hilfe. Ich reiße mir jeden Tag Beine aus, um niemanden zu belasten und das zu leisten, was eben zu leisten ist (auch wenn das sehr oft trotz großer Mühen nicht klappt).

Meine Betreuerin ist mir halt wichtig. Ich würde sie gern schützen können. Aber ich mische mich da in Dinge ein, die mich nichts angehen.

Ich hoffe, dass ich heute ohne dysfunktionales Verhalten auskomme. Ich habe vorher meine längste Narbe berührt und bin diese mit Hochachtung, ganz bewusst, ganz langsam langgefahren. Sie geht fast vom Knie bis zum Knöchel, den ganzen Unterschenkel entlang. Damals hatte ich eine Drainage. Das war „mein bester Schnitt“, neben dem, der getackert wurde.

Ich versuche mich abzulenken. Habe heute noch nichts gegessen, war aber schon 9 km Joggen. Ich sehe tvnow, habe geduscht (Wechselduschen), komme aber nicht über mich hinweg.

Ich würde meine Betreuerin jetzt auch gerne sehen 😭.

Leider geht das heute wahrscheinlich nicht mehr. Dafür habe ich morgen schon um halb 9 einen Termin bei ihr und darauf freue ich mich sehr.

Mein Betreuer Herr Lustig sagte gestern zu mir, dass er es toll finde, dass ich da so für meine Betreuer einstehe, was A. angeht. Das war ein schöner Moment, der mir Kraft gegeben hat.

Es sind wieder so viele Tage ohne einen Beitrag hier ins Land gezogen. Es liegt wohl daran, dass es mir sehr sehr schlecht geht die letzte Zeit. Immer wieder war Klinik eine Option. Aber ich schaffe es bislang ohne.

Meine Lieblingsbetreuerin ist am Dienstag wieder da und bis dahin will ich in jedem Fall durchhalten. Dann entscheiden wir neu. Mein Betreuer aber ist da. Wenn ich in Not bin, darf ich mich sicherlich bei ihm melden!

Gerade war ich mit unserem Hund spazieren. Es war ein schöner Start in den Tag, das Wetter herrlich und ich, nach Wochen, endlich einmal für ein paar Minuten ohne inneren Druck, der mich sonst gerade schier zum explodieren bringt.

Die letzte Woche habe ich hauptsächlich in der ambulant betreuten WG verbracht und war wenig bei meinen Eltern. Das war eine gute Erfahrung. Ich hoffe, dass ich das weiter so machen kann.

Gleich fahre ich dann wieder nach Hause in die WG und nächste Woche steht ein 3er Gespräch mit meinen beiden Betreuern an. Die Woche darauf bin ich mit meiner Betreuerin bei meiner Psychiaterin.

Meine best wirksame Ablenkung ist derzeit Sport. Ich gehe Laufen, Spazieren, mache Freeletics und Workouts mit George Jones. Ein bisschen übertrieben mag es sein. Gestern konnte ich nicht einmal einen Spaziergang zu Ende bringen, weil ich so schwach war.

Ich hoffe sehr, dass der innere Druck und das innere Chaos bald aufhören. Es ist ein ekliges Gefühl und es zerreißt mich fast. Meine Betreuerin sprach von radikaler Akzeptanz und Achtsamkeit und letzterer widme ich mich jetzt: Zeit für eine Meditation mit 7mind!

es fühlt sich verdammt danach an

ich schreibe, weil der Tag klasse angefangen hat und ich so stolz bin, dass ich euch einfach davon berichten muss. Ihr kriegt so viel Schwieriges von mir mit, dass ich euch auch an schönen Ereignissen teilhaben lassen möchte.

Ab 6:53 Uhr habt ihr mich laufend auf den Feldern angetroffen. Ich war allen Ernstes Joggen (nach heute exakt 7 Monaten Pause, das erste Mal). Und ich bin von Anfang bis Ende durchgelaufen. Mein Puls war über die Hälfte der Zeit in Pulsbereich 5 *lach, aber was soll´s. Es hat Spaß gemacht und ich war echt stolz, dass ich sogar die Berge bis hoch zum Wald hochgejoggt bin.

Es waren dann letztlich 5,24 km in 35:28 min – ich weiß, das ist keine Heldenzeit, aber gemacht ist gemacht!

Die Waage zeigt ein Gewicht, womit ich gut umgehen kann. Danach habe ich Wechselduschen gemacht von richtig warm auf so kalt es nur geht und das sicherlich zehn, zwölf Mal im Wechsel. Danach gab es einen Proteinshake (zwei Drittel Milch, ein Drittel Wasser) und jetzt esse ich sogar noch Skyr mit roter Grütze, Chiasamen und Sonnenblumenkernen.

Mein Einkaufszettel sieht sehr gesund und viel ausgewogener aus. Ich habe Lachs mit auf den Zettel geschrieben. Hühnerbrust. Eier. Gemüse. Quark. Schafskäse. Walnusskerne.

Es ist zu früh zu sagen, dass in meinem Kopf etwas Klick gemacht hat. Aber es fühlt sich verdammt danach an.

Heiraten – nur so ’ne Idee

Im Fernseher läuft VOX.  Stumm.

Als ich das letzte Mal auf das, auf Stumm geschaltete, Bild sah, lief „ShoppingQueen“. Irgendwie noch lebensnah für mich, weil ich ja auch ab und an Kleidung kaufe, auch wenn ich ein so immens hohes Budget sicherlich noch nie in meinem Leben hatte und es wahrscheinlich auch nie haben werde.

Dann aber läuft jetzt „4 Hochzeiten und eine Traumreise“, was mich nicht interessiert, weil ich wahrscheinlich nie heiraten werde. Und so bleibt es dabei, dass alles im Stummen, an mir vorbeizieht. Aber just in diesem Moment kam mir eine, ja sogar fast sensationelle Idee:

Ich könnte mich doch mit meinen Erkrankungen verheiraten lassen.

… vielleicht werden wir (meine psychischen Erkrankungen und ich) uns dann nicht mehr ewig bekriegen. Nein. Vielleicht wird sogar eines Tages dann Liebe daraus?

Als Hochzeits- und Traumreise, würde ich dann „das Leben“, wählen.

wenn ich so gar nichts mehr aushalten kann

Ich hatte einen wunderbaren Start in den Tag, bin früh zu den Pferden, war ausreiten mit Handpferd und habe im Anschluss gemistet, mit meinem Opa zusammen. Als ich wieder bei meinem Vater war, haben wir zusammen die Wohnung meiner Eltern geputzt, da meine Mutter heute aus dem Urlaub wieder kommt. Das wird sie freuen.

Jetzt, da ich wieder in der WG bin, weiß ich aber absolut nicht wohin mit mir. Ich hatte 12 verschiedene Bücher in der Hand, die ich hätte lesen können. Keins hielt mich.

Ich habe meinen Laptop 6 x hoch und runter gefahren, weil ich mir immer sagte, dass ich ja etwas schreiben könnte. Aber das hielt ich auch nicht aus.

Ich hatte die Hoffnung, dass das Mittagessen eine Änderung bringt. Hat es aber nicht und das Einzige das bleibt ist, dass ich aushalten muss, dass ich es nicht aushalten kann.

Die Kotzerei hinter mir zu lassen ist wirklich schwer. Sie hat so viel Druck abgebaut und jetzt soll ich ohne sie auskommen? Es zwingt mich ja niemand dazu, aber ich sehe die Notwendigkeit dahinter. Und ich will das zumindest mal ernsthaft versucht haben.

Und so liege ich auf dem Bett, schaffe es doch immerhin diese Zeilen zu schreiben und sage mir, dass es klargeht, wenn ich heute mal keine Lust auf nichts habe. Ich kann einfach meine Basis chillen und ich war heute schon sehr fleißig! Es ist okay, wenn ich nicht klar komme. Ich muss es nur aushalten!

2 Monate outpatient. Wer bin ich?

Ich kann es kaum fassen: nun ist es schon 2 Monate her, dass ich nach 9 Monaten Klinik, aus dieser entlassen wurde. Nicht geheilt. Aber ein bisschen stabiler, wenn man so will.

Die ersten Wochen daheim, war ich sehr euphorisch. Das hat sich wieder gelegt. Die depressiven Gedanken und Symptome haben wieder Einzug gehalten und ich dissoziiere sehr viel. Meine Anteile wechseln schnell. Aber sie zeigen sich und meine Therapeutin und Ärztin sagt, dass es doch immerhin ein Zeichen von Leben sei, in meiner sonst so harten Fassade. Was soll ich sagen: sie hat Recht!

Heute haben wir wieder WG-Besprechung und meine Lieblingsbetreuerin und ich wollen in dieser das Thema Dissoziation ansprechen. Es war nicht meine Idee… aber ich sehe ein, dass es Sinn macht. Denn ich habe gerade absolut keinen Einfluss auf meine inneren Wechsel und meine Therapeutin sagt, dass ich das nicht willentlich steuern kann. Sie sagt auch, dass der selbstbestrafende, kontrollierende und destruktive Teil in mir auch nur ein Anteil ist und dass das nicht ich bin. Das hat mich sehr erleichtert und hat viele Anteile eingeladen sich zu zeigen. Noch stehe ich verunsichert am Rand meines Selbst und sehe diesem Schauspiel zu. Es ist aufwühlend und verwirrend. Aber es macht mich auch neugierig. Frei nach dem Motto „wer bin ich? Und wenn ja, wie viele?“

Am Montag war ich noch mal bei meiner Therapeutin und habe meinen Tavor-Bedarf abgeholt, den ich in der Woche zuvor vergessen hatte. Das war sehr schön und herzlich. Es hat mir so gut getan sie zu sehen und in der Praxis gewesen zu sein und trotzdem denke ich, dass der 2-Wochen-Rhythmus für die Therapiesitzungen klar geht.

In einer guten Woche habe ich also wieder ambulante Therapie und dann sind, aufgrund des Jahresurlaubs in der Praxis, leider 4 Wochen Pause. Aber mit meiner Lieblingsbetreuerin an meiner Seite, schaffe ich auch das.

Ja, wer bin ich? Was macht mich aus? Wie komme ich in die Kommunikation mit meinen Anteilen? Meine Therapeutin hat mir vorgeschlagen ein Buch für Notizen auszulegen, in das alle Anteile hineinschreiben oder malen dürfen. Dieser Idee schenke ich Raum und Zeit.

Leider habe ich mich gestern selbstverletzt. Ich habe mich geschnitten, konnte aber alles selbst versorgen. Warum? Keine Ahnung. Ich habe es kaum mitbekommen. Die Selbstverletzung ist aber kein Grund jetzt in einem Tief zu versinken.

Im Gegenteil: ich biete dem Leben die Stirn!

Annika: „der Wind wird immer stärker!“

Pippi: „das macht nichts: ich auch!“

Ich verliere nie meinen Humor, er wechselt höchstens die Farbe.

Ich bin emotional wieder viel mehr daheim, in meiner WG, angekommen. Ich habe gestern den kompletten Tag dort verbracht und es war echt schön, auch wenn es ein unglaublich anstrengender Tag war, weil sich die Anteile nur so türmten und sich, glaube ich, ständig abgewechselt haben. Für mich ist das momentan noch ein ziemliches Chaos.

Warum der Tag trotzdem schön war? Weil ich mich zuhause gefühlt habe. Ich war am richtigen Platz. Frei von jeglicher Fremdzerstörung an mir. Und das war einfach gut.

Jetzt bin ich trotzdem bei meinen Eltern und übernachte dort auch. Aber in der Zeit die ich auch heute wieder daheim in meiner WG war, fühlte ich mich wohl und aufgehoben. Ich habe gelesen und in Abwechslung mit dem Lesen, Klavier gespielt. Und weil mir das so gut getan hat, mache ich das jetzt auch weiterhin. Lesen. Und Musik. Lesen und Musik.

Gestern hatte ich zwar wirklich nichts zu lachen (ich habe es aber trotzdem gemacht). Es war ein trauriger, schwieriger und irgendwie schwarzer Tag. Aber ich bin froh, dass ich meinen Humor behalte, bei all dem Leid, das ich durchlebe. Und dieser wird mich wohl nie verlassen:

„Ich verliere nie meinen Humor, er wechselt höchstens die Farbe!“

Overload. Manchmal geht es einfach nicht.

Heute Morgen war ich erst alleine spazieren und war dann mit meinem Vater zusammen mit unseren Ponys eine große Runde laufen. Das heißt ich bin in der WG-Stadt auf den Feldern unterwegs gewesen und dann zu meinen Eltern und den Pferden gefahren. Es war schön: sowohl der eine Spaziergang, als auch der Zweite. Ich war irgendwie im Lot.

Irgendwie bin ich heute Morgen aus der WG geflüchtet. Ich habe mich auf meinen Voni  (mein Pferd) gefreut und trotzdem war da auch dieses Zuflucht-Suchen, egal wo, nur nicht da, wo es mir gerade so schwer fällt. Nicht da, wo Erwartungen an mich gestellt werden, die ich nicht erfüllen kann und auch nicht will.

Die letzten Tage schon fällt es mir schwer, mich meinen Mitbewohnerinnen zu öffnen und zu nähern. Wohl habe ich mich nach meinem dissoziativen Anfall A. gegenüber geöffnet, aber um ganz ehrlich zu sein: ich habe keinerlei (!) Erinnerung und keine Ahnung, was ich erzählt habe. Schlimm. Für mich ist das echt schlimm! Das war zu viel. Ich hasse das. Und irgendwie stimmt es auch nicht, dass das nur die letzten Tage so schwer ist… es fällt mir schon immer schwer, nur habe ich momentan die Erwartung an mich, mit den anderen klarzukommen und mich anzunähern. Nicht weil ich das will sondern weil „man das so macht“.

Meine zweite Mitbewohnerin (C.), verhielt sich mir gestern irgendwie distanziert. Oder war ich es nur ich, die die Distanz im Kopf hatte? Habe ich vielleicht einfach nur wieder fehlinterpretiert, weil ich bei Menschen generell nicht durchblicke und mir immer für alles die Schuld gebe?

Gestern saßen meine drei Mitbewohnerinnen zusammen im Wohnzimmer, vor dem Ventilator. Aber ich habe mich nicht dazu getraut. Was geht in meinem Kopf vor? Und warum kann ich mich nicht öffnen. Würde ich nicht schon zu viel preisgeben, wenn ich einfach nur dabei wäre und nichts sagen würde? Ich denke ja.

Es fällt mir schwer mich zu integrieren und gleichzeitig will ich das aber auch gar nicht anders: ich brauche Zeit für mich! Das geht doch klar, oder nicht? Warum denken alle Menschen, dass man nur im Kontakt glücklich sein kann und dass man das braucht um zufrieden zu sein?

Schon als Jugendliche und als Kind habe ich das nicht gesucht und gebraucht. Ich war nie mit Freunden weg, was meine Mutter immer wieder zur Weißglut trieb „man muss doch auch seine Freundschaften pflegen“, was sind Freundschaften? Wie fühlt sich das an? Ich wusste das nicht. „Es kann doch nicht nur die Pferde für dich geben“. Doch!

Ich bekam 2009 eine Diagnose, die danach, aufgrund meiner Fortentwicklung von anderen Ärzten verworfen wurde, die ich aber nie loslassen konnte (ein lieber Gruß an Petra, an dieser Stelle), es geht um den Asperger-Autismus. Mir erschließt sich einfach nicht, warum man mit anderen „abhängen“ muss. Erst letzte Woche sprach ich mit meiner Therapeutin darüber, dass ich nicht lügen kann und dass das kein unbekanntes Symptom für Asperger-Autisten ist. (Zu anderen Symptomen an anderer Stelle mehr).

Mein sehr, sehr geschätzter Therapeut aus der Uniklinik Freiburg, der leider viel zu früh verstorben ist, sagte immer „Fräulein Voni, wissen Sie, manche Sachen gehen bei Ihnen einfach nicht und Sie können dann auch nicht sagen warum und wieso. Es geht einfach nicht und fertig“. Und so kam es überhaupt erst zur Diagnostik. So vieles wurde auf einmal klar und verständlich. Ich habe mich gesehen gefühlt und das Kind bekam endlich einen Namen. (Außerdem diagnostiziert wurde bei mir übrigens ADHS im Erwachsenenalter und ich bekam Ritalin, was das wohl hilfreichste Medikament in meinem Leben für mich war – aber das muss man sich im Off-Label-Use erst mal leisten können!)

Ja, ich bemühe mich. Nein, ich brauche oft niemanden um mich rum, der mich nicht wirklich annimmt und versteht. Meine Lieblingsbetreuerin kann ich zum Beispiel an mich heranlassen, aber da ist sie, neben meiner Therapeutin, erstmal alleine auf weiter Flur. Erst nach vielen „leeren“ Plätzen kommt dann meine Mutter und das war es dann auch schon. Ich bin nicht so der Mensch, der Nähe ertragen kann. Ich merke nicht, wenn ich mich zurückziehe, weil mir nichts fehlt. Ich brauche das nicht, dass man miteinander „eng und nah“ ist. Das war schon als Kind so: ich wollte nicht alleine sein, aber trotzdem war jede körperliche Nähe zu viel. Es reicht mir auch heute noch, wenn ich weiß „da ist jemand im Haus“, ich brauche keine Konversation. Worüber denn?

Gestern erst versuchte ich mich meiner anderen Betreuerin zu öffnen. Ich habe mich dazu gezwungen. Ich habe ihr meine Liste „angenehmer Aktivitäten“ gezeigt und dann war es auch schon zu viel für mich. Es war zu offen, das gehörte da nicht hin. Und ich war enttäuscht von mir und gereizt, aber ich konnte nicht nachvollziehen warum. Es ging einfach mal wieder nicht. Ich habe die Betreuung vorzeitig beendet und bin zu meinem Pferd gefahren.

Meine Tiere sind meine besten Freunde. Sie sind mir so viel lieber als Menschen. Ich verstehe die Tiere und sie mich. Sie wollen sich mir nicht aufdrängen und sie erwarten keine „menschlichen Verhaltensstrategien“ von mir, keine „Sozialkompetenz“ und keine guten „zwischenmenschlichen Fertigkeiten“. Sie nehmen mich an, wie ich bin. Unvollkommen. Depressiv. Fröhlich und leicht. Dissoziativ. Bei Sinnen. Sie sind da. Und sie erwarten nichts. Sie leben im Hier und Jetzt und sie fragen nicht nach einem Warum.

Ich denke, dass ich, wieder mal, am gleichen Punkt bin: bei meinem Perfektionismus. Ich nehme mich nicht an wie ich bin. Ich lasse mich nicht sein. Ich akzeptiere nicht, dass ich keine zwischenmenschlichen Kontakte brauche, weil mich diese verwirren und mich überfordern. Nein, ich will empathisch sein und nett und einfach normal und perfekt. Und bei der ganzen Sache begreife ich noch immer eines nicht: Ich bin OK. Ich bin ok, so wie ich bin. Und ich muss mich für Nichts und Niemanden ändern. Und wenn ich alleine sein will, dann darf ich das sein. Auch in der WG. Denn letztlich sind das einfach nur Mitbewohner und keine Menschen, die das Recht haben, über mich und meine Interaktionen mit ihnen zu urteilen.

Ich bin frei.  Overload? Das ist OK!

4 Jahre WordPress – ein Rückblick

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Wow! Schon 4 Jahre.

Leider bin ich in dieser Zeit nicht nur einem einzigen Blog treu gewesen, sondern habe Alte gelöscht und dann neu begonnen. Man mag das betrauern, wenn man an all die Zeit denkt, die man hineingesteckt hat, ich aber feiere es, weil ich weitergekommen bin, weil ich heute eher hin zur Gesundung strebe, während ich in den Anfangszeiten des Schreibens ganz und gar von der Negativität meiner Erkrankung gefangen genommen war.

Für diesen, meinen Blog: https://myway2recovery.wordpress.com von Fräulein Voni, empfinde ich besonders viel und sehe Fortschritte in meiner Wandlung, wenn ich das Bestehen des Blogs vor 6 Monaten im Vergleich zu heute betrachte.

Im letzten halben Jahr habe ich euch mit auf die Reise durch die Klinik genommen (siehe meine „inpatient“-Berichte, wie zum Beispiel: inpatient-Voni stationär auf der Geschlossenen, Tag 1) und habe euch an meiner Eingewöhnung im „Draußen“ nach 76 Tagen Klinik, teilhaben lassen (nach 76 Tagen werde ich entlassen).

Es wird nie langweilig in meinem Leben, manchmal werde ich für meine Offenheit von euch gelobt und das berührt mich sehr, denn genau das will ich sein. Gleichzeitig weiß ich, dass ich dennoch manche Information zurückhalte, aber das ist auch nur gut so, denn ich habe einen Satz hinzugefügt, zu meiner Liste „meine Sätze fürs Leben“, und er lautet:

„Regel für Erfolg im Leben: Erzähle nicht alles!“

aber auch das muss ich erst lernen, da spielt wohl die Asperger-Problematik mit hinein, da ich immerzu glaube, wenn ich etwas gefragt werde, haargenau antworten zu müssen. Ein Fehlgedanke, aber das muss man erst mal begreifen. Meine Aufrichtigkeit, Integrität und Loyalität machen mich aber auch stolz. Egal ob es zwanghaft ist oder nicht.

Mit der Essstörung geht es hin und her, mal bin ich im Untergewicht, mal im mittleren Normalgewicht. Es schwankte zwischen 20 kg +/- und das im rasanten Wechsel. Momentan nehme ich wieder ab. Bleibt zu hoffen, dass ich dieses Mal die Balance halten kann.

Wichtig in all der Zeit sind mir vor allem Menschen geworden, die mir jetzt sehr nahe stehen. Ich erwähne sie regelmäßig hier im Blog (Frau V., P., B., A., C.) es wäre schön sie ganz offen benennen zu können, vielleicht entwickle ich einfach Pseudonyme. Habt ihr dazu Ideen? Wie handhabt ihr das? Ich werde mir jedenfalls Gedanken dazu machen.

Mit der Borderline-Diagnose kann ich mich immer weniger identifizieren, auch das Fachpersonal sieht das inzwischen teilweise so. Möglicherweise will ich es aber auch einfach nicht mehr hören, dass Borderliner manipulieren, denn das tue ich gewiss nicht, dazu fehlte mir allein schon der Mut. Ich will eine positive Borderlinerin sein, muss das ein Wunsch bleiben, so von der Gesellschaft angenommen zu werden? Die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) lastet ohnedies weitaus schwerer auf mir. Die Depressionen ist vielleicht einfach auch Teil dieser Störung.

Mein Highlight des letzten halben Jahres und auch mein Highlight der letzten 4 Jahre, ist die Vorbereitung auf meinen Auszug in eine betreute Wohngruppe. Darauf freue ich mich wie Bolle. Bald wird es (hoffe ich fest) soweit sein, aber es sieht sehr danach aus, dass alles klappen wird! Dann sage ich ab Mitte Februar „Hallo Leben, hier bin ich! Es kann losgehen“.

Leider gab es in den vergangenen Jahren auch sehr traurige Momente: meine beiden Kater sind altershalber von uns gegangen und unsere Stute mussten wir nach langer Krankheit ebenfalls gehen lassen. Sie sind alle in Würde gestorben, aber sie fehlen mir sehr.

Unsere anderen Tiere (meine Katze und die Pferde) bringen mich täglich zum Lächeln und schenken mir so viel Liebe und Nähe, dass dieses Glück kaum in Worte zu fassen ist. Sie sind ein richtiger Goldschatz und bringen Licht in mein manchmal empfundenes Schwarz.

Ich habe in den letzten Jahren oft gezweifelt, aber seit meinem letzten Klinikaufenthalt und seit ich so liebe Menschen an meiner Seite habe, genieße ich das Leben. Es ist nicht immer alles schön und rosig, manchmal geht es mir hundeelend, aber die Richtung stimmt. Und ich mache jeden Tag einen weiteren Schritt und sehe, dass ich mich vorwärts bewege und das ist es worum es geht. Das ist es, was mich am Leben hält.

Ich danke euch, die ihr meine Texte lest und meinen Alltag mit verfolgt, mir bedeutet das sehr viel und es gibt mir Sinn und Kraft! Auch meinen lieben (oben genannten) Freunden danke ich! Ohne euch alle… wäre das nie möglich geworden! Und ich hatte nicht mehr damit gerechnet, dass ich den folgenden Satz ganz aufrichtig sagen kann:

Das Leben kann so schön sein!