Der Eisstiel im Wohnzimmer

Es gibt so Dinge, die mir einfach nicht in den Kopf wollen.

Meine Mitbewohnerin A. lebt sehr… sagen wir -intensiv- in unserem WG-Wohnzimmer. Alles mögliche liegt auf dem Boden. Abgekratzte Tapete, die sie mit dem Schaukelstuhl abgeschabt hat, Landlust-Zeitschriften, ein Jahresabonnement der Flow. Kunstartikel, Farben, Blätter. Durchaus sehr schöne kreative Dinge dabei, denn das kann A.

Aber dann kommen wir zum Müll, den ich im Eisstiel zusammenfassen werde. Warum (?) lässt A. Ihre Eisstiele einfach achtlos und unkollegial auf den Boden fallen. Warum? Das hat so etwas provokatives für mich, immer noch, obwohl ich jetzt fast schon drüber weg bin.

Was ich absolut nicht einsehen kann ist: dass meine Betreuerin jetzt für A. aufräumt, weil die es nicht mehr schafft. Es geht mir nicht darum, dass es A. nicht mehr schafft. Das ist okay und vielleicht Teil ihrer Erkrankung. Aber zu A. kommt jemand zum Putzen, warum lässt sie die das nicht machen… ihr blutverschmiertes Klo lässt sie ja auch von jenen putzen, die vom Pflegedienst kommen.

Worauf ich raus will ist, dass ich es nicht nachvollziehen kann, dass meine Betreuerin solche Sachen für A. putzt. A. macht es sich so verdammt einfach. Und ich will da für meine Betreuer einstehen.

Mir geht es unterdessen sehr schlecht. Ich kämpfe. Wünschte ich bekäme heute Hilfe. Ich reiße mir jeden Tag Beine aus, um niemanden zu belasten und das zu leisten, was eben zu leisten ist (auch wenn das sehr oft trotz großer Mühen nicht klappt).

Meine Betreuerin ist mir halt wichtig. Ich würde sie gern schützen können. Aber ich mische mich da in Dinge ein, die mich nichts angehen.

Ich hoffe, dass ich heute ohne dysfunktionales Verhalten auskomme. Ich habe vorher meine längste Narbe berührt und bin diese mit Hochachtung, ganz bewusst, ganz langsam langgefahren. Sie geht fast vom Knie bis zum Knöchel, den ganzen Unterschenkel entlang. Damals hatte ich eine Drainage. Das war „mein bester Schnitt“, neben dem, der getackert wurde.

Ich versuche mich abzulenken. Habe heute noch nichts gegessen, war aber schon 9 km Joggen. Ich sehe tvnow, habe geduscht (Wechselduschen), komme aber nicht über mich hinweg.

Ich würde meine Betreuerin jetzt auch gerne sehen 😭.

Leider geht das heute wahrscheinlich nicht mehr. Dafür habe ich morgen schon um halb 9 einen Termin bei ihr und darauf freue ich mich sehr.

Mein Betreuer Herr Lustig sagte gestern zu mir, dass er es toll finde, dass ich da so für meine Betreuer einstehe, was A. angeht. Das war ein schöner Moment, der mir Kraft gegeben hat.

In 45 Minuten wiege ich mich!

Es sind jetzt noch 45 Minuten hin, bis ich mich wiegen darf (ist so ’ne Art Gesetz bei mir). Im Grunde bin ich schon lange wach. Bin zwischendurch aufgestanden und habe dies und das gemacht, habe mich aber auch immer wieder hingelegt und mich dem Tag näher gedöst. In meinem Kopf ein ständiges Abfragen der Zeit.

In meinem Kopf ein Kampf: „Was ich auf der Waage sehen will? Na, weniger Gewicht. Ist das gesund? Noch ist es vertretbar. Weiche ich der vorigen Frage nur aus? Neeeiiiin. Ja okay, doch.. Ja.“

Ich habe für heute auch ein Wunschgewicht. Doch das zu erreichen ist eigentlich nicht möglich. Aber Träumen kann man ja. Und Hoffen.

Ich wünsche euch einen schönen Tag heute!

Noch 36 Minuten bis ich mich wiegen darf!

Fräulein Voni, die kleine Wuchtbrumme!

Inneres Chaos

Um 5:23 Uhr bin ich zu meinem Montagmorgenspaziergang aufgebrochen. Die 10,30 km haben mir total gut getan. Ich starte jetzt ausgeglichen und mit einem klaren Kopf in den Tag (eigentlich). Ich bin quasi jeden Weg in der Siedlung mindestens einmal lang gegangen. Denn im Dunkeln traue ich mich dann doch nicht allein auf die Felder.

Meine Nacht war wenig erholsam, aber das habe ich, Dank meines Spaziergangs, fast schon wieder vergessen.

Nun sitze ich an meinem Schreibtisch, trinke einen Proteinshake, esse Mandarinen und gönne mir zusätzlich noch einen Milchkaffee. Der Tag beginnt ganz gut. Aber auch mit Anspannung.

Die kommenden Tage sind sehr intensiv. Heute Betreuung bei Herrn Lustig, morgen Friseur und am Donnerstag Hilfeplangespräch. Vor allen Terminen bin ich aufgeregt. Und es verlangt mir viel ab, Ruhe ins Innere zu bringen. Kurzum… Es klappt überhaupt nicht. Die Kleinen in mir weinen, die größeren schreien rum. Aber alles zusammen ergibt nur ein dickes Chaos, das ich nicht greifen kann. Und das überschattet auch, dass der Tag eigentlich gut angefangen hat. In mir nur Tumult. Alle wollen sie was sagen. Jeder will etwas äußern. Aber mein Kopf qualmt. Da ist einfach die Kontrolle weg und so handle ich auch für viele aus meinem Umfeld unverständlich. Gerade gelacht, weine ich. Gerade konzentriert, überdrehen plötzlich die Augen. Und so weiter.

Mein Betreuer würde mir sicher helfen können. Und er wird es. Aber er kommt erst in 6 Stunden zu mir. 6 furchtbar lange, einsame Stunden.

Da ich derzeit immer weiter und immer mehr zunehme, tracke ich jetzt mein Essen wieder. Ich bin ja gespannt ob es was bringt. Es sind einfach der Süßkram bei meinen Eltern, das maßlose Stopfen, wenn ich daheim bin und die elende „zwischendurch“ Esserei.

Durch das tracken erhoffe ich mir mehr Kontrolle. Vielleicht kommt dann auch mal raus wer hier wann und was isst. Aktuell esse ich für mehrere. Aber das geht so halt nicht. Da müssen wir schon übereinkommen.

Nach meinem Termin mit meinem Betreuer fahre ich zu meinen Eltern. Übernachte dort und am Dienstagmorgen steht Stalldienst auf dem Programm, ehe wir dann zum Friseur gehen. Dann fahre ich wohl wieder heim. Vielleicht hat aber L. auch Lust noch reiten zu gehen. Der Mittwoch ist mein freier Tag. Da will ich auf jeden Fall zu Voni. Und dann ab in die WG. Donnerstagmorgen ist dann das Hilfeplangespräch.

Ich lege mich jetzt noch etwas hin. Vielleicht hilft mir das ja dabei Zeit zu überbrücken, bis dann mein Betreuer kommt.

Draußen ist es auch schon wieder so kalt geworden, dass Mia ein Mäntelchen trägt.

Wenn das die Bäckereifachverkäuferin wüsste

Wenn das die Bäckereifachangestellte wüsste, dass ihr Käsekuchen, keine 7 Minuten später, nachdem sie ihn mühevoll verpackt hat, schon der Kanalisation zum Opfer gefallen ist?! Daran mag man gar nicht denken.

Der gestrige Tag hatte es in sich. Volle Verwirrung in Raum und Zeit. Wo bin ich? Was mache ich hier und wer ist überhaupt dieses „ich“?

„Rote Mail“ an Frau Hoffnung, aber sie meldete sich nicht. Ich habe bis in die späten Abendstunden gewartet und gehofft.

Ich hatte starken Leidensdruck gestern. Mal sehen wie der heutige Tag wird. Ich bin guter Dinge. Allerdings habe ich jetzt auch noch mal Bedarf genommen. Ich will nicht die komplette Nacht wach liegen.

Doch dann bekam ich Angst vor einem Überhang und habe mich nochmal übergeben. Wahrscheinlich nutzt dies aber nicht viel! Auch wenn es zur Alltagsroutine geworden ist, dieses „Essen rein. Essen raus“.

Wenn ich doch nur endlich abnehmen würde.

7 Minuten vom Bezahlen bis hin zur Toilette. Grandios (nicht!). Auch alles was ich sonst noch gegessen habe blieb nicht drin. Wenn ich heute nicht abgenommen habe – dann weiß ich auch nicht mehr weiter.

Meine Betreuerin hat sich trotz „roter Mail“ nicht mehr bei mir gemeldet. Vielleicht ist sie ärgerlich auf mich. Ich weiß nicht was ich falsch gemacht habe. Oder sie hatte einfach schon Feierabend.

Nun hoffe ich auf einen ruhigeren, weniger „an- noch aus- kotzenden Tag“!

Essstörung? kann ich mir finanziell eigentlich gar nicht leisten.

Fürs Kotzen zahlen?! Wie gemein ist das denn?

Gestern haben mich 3x Kotzen etwa 30€ gekostet. So mit allem drum und dran. Es frustriert und macht mich nachdenklich und traurig. Ich habe nicht viel Geld – ich kann mir bulimische Phasen einfach nicht leisten. Deswegen esse ich heute (vielleicht) mal etwas weniger.

Vielleicht ist es ja gut, dass ich es mir nicht leisten kann, vielleicht.

Nimm dich leicht!

Heute war er da: dieser magische Moment.

Ich habe mit einer wunderbaren Freundin heute mit den Pferden gearbeitet und war so stolz auf mich. Es war einfach wunderschön und ich habe gelernt, dass ich mich nicht schämen muss und dass ich nicht für alle Fehler die Verantwortung trage.

Ich weiß, dieser Beitrag wird vielleicht nicht lang, aber ich möchte diesen Augenblick mit euch teilen. Weil er sooo besonders für mich ist…

Und dann ging es besonders weiter, denn ich war wieder daheim und habe mich übergeben, doch ich habe mir direkt verziehen. Ich habe es mir nicht schwer gemacht und mich nicht verurteilt, sondern war einfach gnädig mit mir. Was für eine wundervolle und neue Erfahrung. Ein magischer Moment. Irgendwie.

Auch die Selbstverletzung und die entstandene Entzündung trage ich mir gerade nicht nach. Es ist passiert. Na und? In der Konsequenz kühle ich nun mein Bein und handle damit absolut funktional. Ich kann auch hier stolz auf mich sein.

Meine Freundin und die Pferde haben mich heute 10 cm wachsen lassen. Ich bin so dankbar!

Ich lerne langsam. Aber ich lerne! 🙂

Mail an meine Lieblingsbetreuerin: „Sorry, ich war zwar krank… aber… hej..!?“

Liebe Lieblingsbetreuerin Frau Hoffnung,

so, es ist also soweit mein Betreuer (Herr Lustig) ist krank und ganz ehrlich? Ich wusste es! Es war so ein Gefühl, das ich nicht ernstgenommen habe, weil Sie ja noch mal eindrücklich mit mir darüber gesprochen haben, wie wichtig es jetzt ist, dass Herr Lustig mich ernst nimmt in meiner Not, wenn Sie nicht da sind und wie ich das formuliere und Hilfe einfordere.

Nun ist er krank. Ich bin fast sicher, dass er sich um keine Vertretung kümmern wird, weil er die Notwendigkeit nicht erkennt. Ich bin sicher, dass er die ganze Woche krank sein wird, immerhin ist er „über das Wochenende ziemlich erkrankt“ und das aus dem Mund eines Mannes ist beinahe so etwas wie ein Katastrophenalarm, stimmt doch, oder? Und er wird wahrscheinlich sagen, wie die letzten Male, als er krank war auch, dass es „fiese Kita-Killer-Viren“ waren. Und das sagt er dann, als würde es alles erklären. Sozusagen die Verniedlichung von „Sorry, ich war zwar krank… aber… hej..!?“

Keine Frage, ich nehme ihn da sehr ernst und ich wünsche ihm von Herzen gute Besserung, ich bin nur sprachlos, weil ich mich so einsam und alleingelassen fühle und nicht weiß, wie das jetzt ganz alleine so funktionieren soll für ganze 10 einsame Tage.

Es ist mir nicht wichtig, dass Herr Lustig heute die Betreuung absagen muss, das schaffe ich schon. Aber was ich nicht schaffe ist, die Rezepte bei meiner Psychiaterin abzuholen, was er machen wollte und sich um den Termin kümmern wollte er sich auch. Das darf er nicht vergeigen. Denn ich will zuverlässig sein, meiner Psychiaterin gegenüber und es ist in Ihrem Urlaub, Frau Hoffnung, ja nun mal so ausgemacht, dass Herr Lustig das macht und sich um diesen Part kümmert.

Ich habe Herrn Lustig eine Mail geschrieben in der ich Worte wie „kümmern Sie sich bitte darum?“ verwendet habe und habe dabei schon gemerkt, dass ich echt verunsichert bin, weil ich befürchte, dass das jetzt alles schief läuft. Aber ich bin stolz darauf, dass ich das mit Nachdruck formuliert habe.

Ich fühle mich im Stich gelassen. Ich bin auf mich gestellt und wenn Herr Lustig die ganze Woche krank ist, dann bin ich so verloren in mir. Ich sitze ja jetzt schon weinend da und der Schneidedruck sprengt fast meinen Kopf: allein gelassen! Das kenne ich doch!

Aber ich muss mir jetzt klarmachen, dass das was da nun an Gefühlschaos in mir auftaucht ganz, ganz alte, tiefe und in die Jahre gekommene Gefühle sind. Trotzdem sind sie jetzt auf einmal da und wollen gecraved werden.

Ich versuche zu atmen, Frau Hoffnung. Aber es ist echt schwer. Ich hatte nicht damit gerechnet jetzt von Herrn Lustig so im Regen stehen gelassen zu werden, auch wenn ich eine gemeine Vorahnung nicht leugnen kann (und er dafür nix kann). Passend dazu regnet es auch draußen. Ich bin gespannt was Herr Lustig später sagt, wenn er sich, wie er schrieb, nochmal bei mir meldet, nachdem er beim Arzt war.

Irgendwie hatte ich mir mehr erwartet, vor allem in einer so schwierigen Zeit wie jetzt, wenn Sie im Urlaub sind, Frau Hoffnung. Mein Leben belehrt mich mal wieder eines Besseren und ich muss ganz alleine klarkommen. Ich halte Sie auf dem Laufenden!

Herzliche Grüße
Ihre Fräulein Voni

als wär ich in der Klinik

Heute ist ein besonderer Tag. Er begann mit Bedarf (inkl. Tavor), ging weiter mit einer guten Betreuungszeit bei meinem Betreuer und war davor, dazwischen und danach immer von dem Lesen eines Buches begleitet, das mich echt abgeholt hat.

Es geht um das Leben in der Psychiatrie und persönliche Erfahrungen und ist wunderbar geschrieben. Zu meiner persönlichen Freude weiß ich, dass der Autor dieses Buches auf der gleichen Station war, wie ich es mehrmals war. Das macht es so nah. Ich fühle sehr mit. Und erkenne alles was er beschreibt wieder.

Ich konnte lange nicht mehr lesen aber jetzt geht es: was für ein Geschenk.

Und dann tauchte auf einmal dieses Heimatgefühl auf… das Gefühl das ich an Psychiatrie-Tagen hatte, an denen ich terminlos in den Tag leben konnte und das Einzige das zu leisten war, war irgendwie durchzuhalten.

So fühle ich mich auch jetzt und kann trotzdem sagen, dass es mir eine gewisse Leichtigkeit bringt, mich zu fühlen als sei ich stationär. Es nimmt Last ab. Es gibt einen klaren Rahmen. Man muss nicht selbst entscheiden wann man was genau isst. Man muss nicht gut drauf sein, kann man. Man muss es nur nicht. Und diese Selbstlüge „du bist gerade in der Klinik“ rettet meine heute sehr schlechte Verfassung.

„Wir alle spielen Theater.“

In der Vorstellung stationär zu sein kann ich mich entspannen. Etwas Verantwortung abgeben und die Sicherheit empfinden, die ich mir selbst nicht geben kann und so lasse ich mir diese (leider nur) Illusion und bleibe bei der Vorstellung ich sei wohlbehütet in der Psychiatrie. Es hilft: und nur darum geht es in diesem Moment gerade.

Dann kommt noch ein Zustand hinzu, der mich ebenso irgendwie wie frei macht: meine Mitbewohnerin C. ist seit gerade und auch über Nacht weg und ich genieße es, weil sie immer alles genau überwacht (ich mag sie aber trotzdem sehr)!

Ich bin jetzt mit meiner Mitbewohnerin S. alleine im Haus. A. ist noch in der Klinik, M. Arbeitet, C. ist wie gesagt unterwegs und so kommt es, dass ich seit Wochen mal wieder unten im Wohnzimmer auf dem Sessel sitze, was ich nur deshalb tue, weil ich die Decke darüber vor wenigen Tagen mal gewaschen habe. Es ist herrlich hier!

Am liebsten würde ich mich ein wenig in die Sonne setzen. Aber mein bislang gesammelter Sonnenbrand spricht sich eher für eine Pause aus. Auf den Balkon komme ich sowieso nicht raus, der Rollladen ist kaputt. Banalitäten.

Meinen Waschtag habe ich fast hinter mir. Das Bett ist, wie jeden Dienstag, frisch bezogen und nur das Abstauben wartet noch auf mich. Vielleicht mache ich das aber auch erst morgen „fuck the system“ und so.

Jetzt schüre ich meine Selbstlüge ich sei in der Klinik. Ich rede mir ein, dass immer jemand da ist, wenn ich jemanden brauche (was nicht stimmt, aber ich wollte mich ja austricksen, also mache ich das auch). Und so lehne ich mich Sessel zurück und atme.

Atme das erste Mal am heutigen Tag einfach nur durch und schicke einen Seufzer hinterher. Es darf so sein wie es gerade ist.

Wieder mal übertrieben! Oder?

Heute begann der Tag mit Tavor und Haldol. Das hatte sich gestern so gut bewährt… und ich wollte mir einen weiteren recht guten Tag gönnen. Heute haben die Medikamente in ihrer Gesamtheit aber so reingehauen, dass ich mich unfähig fühlte etwas mit den Pferden zu machen. Dafür war ich mit meiner Mutter mit unserem Hund spazieren. Leider war ich, entgegen meiner Absprache mit meiner Lieblingsbetreuerin und Bedürfniswächterin, wieder dort (bei meinen Eltern). Gut war es trotzdem. Aber ich war total lahm, was bei mir oft damit zusammenhängt welcher meiner Anteile welche Dosis an Medikamenten mitbekommt und überhaupt erst davon weiß.

Wieder daheim, meine Mum hat mich heimgefahren (ich konnte wegen der Augen und wegen der Medikamente nicht selbst fahren), war ich unzufrieden und bin dann noch auf einen Spaziergang losgegangen. Ich war 9,18 km spazieren und es machte mir Freude. Während der ganzen Zeit hörte ich Radio und lächelte entgegenkommende Menschen strahlend an und grüßte sie. Es ist immer so wunderschön, wenn man ein Lächeln zurückbekommt. Wie ein Geschenk. Dabei war mir nicht nach Lachen zumute, und mein Lächeln aufgesetzt, aber das interessierte mich dann nicht: ich will anderen Freude schenken!!

Jedenfalls habe ich es heute, beim Spaziergang, übertrieben. Vielleicht war es zu lang, vielleicht war ich zu rasch unterwegs, vielleicht hätte ich andere Schuhe tragen sollen. Vielleicht sollte ich aber auch endlich meinen Fuß operieren lassen. Aber ich hatte schon lange keine solchen Beschwerden mehr, wie ich sie heute hatte und jetzt noch habe.

Nun kühle ich meine Füße mit Kühlakkus, über meinem beidseitgen Tensolvet-Verband. Wer Pferde hat weiß, dass dies eine medikamentöse Salbe aus der Veterinärmedizin für Pferde ist. Es ist ein Heparin-Natrium-Gel. Anwendbar bei u.a. Prellungen, Sehnenentzündung, Sehnenscheidenentzündung, und anderen akuten, entzündlichen Erkrankungen des Bewegungsapparates beim Pferd. Und es fördert die frühzeitige Resorption von Blutergüssen etc. (…).

Nun hängen schon die zweiten Kühlakkus an meinen Füßen: dieses Mal die Großen.

Jetzt leite ich den Abend ein. Ich habe Hunger. Aber nicht wirklich was zu essen da. Keinerlei Kohlenhydrate. Kein Brot. Keine Nüsse. Keine Schokolade. Meinen Salat habe komplett verzehrt und außer einem Mango Lassi habe ich nichts mehr zur Kombination mit meinem Joghurt da. Aber das ist egal, wenn ich nur morgen wieder spazieren gehen kann. Und wenn ich abgenommen habe. Alles andere halte ich dann schon aus. Vor allem, da ich mich gerade ohnehin schon wieder übergeben habe.

über unruhige Nächte und meine Essstörung

Diese Nacht heute ist schlimm. Ich wache und wache immer wieder auf, bis ich am Ende, kurz vor Mitternacht, beschließe, dass ich jetzt eine Pause von meinen Alpträumen brauche. Dann bin ich aufgestanden.

Gestern, Mittag und Abend, habe ich unter einem furchtbaren „Fress-Kotz-Anfall“ gelitten. Der Leidensdruck ist hoch gewesen und dann fing es an.

Ich habe sogar Lauchgemüse gekocht, was echt lecker war. Aber danach ging es dann damit los, dass ich kein Halten mehr fand. Und so ging ich die Treppen hinunter in die Küche, machte mir etwas zu Essen. Aß in meinem Zimmer (Treppen hoch) um dann doppelt so viele Treppenstufen in den Keller zu nehmen, wo ich mich im Bad eingeschlossen dann allen gegessenen Dingen entledigte. Danach wieder in die Küche, wieder hoch, wieder runter ins Bad. Dann wieder Küche. Es war sehr schlimm für mich. Und ich kam aus diesem schlimmen Kreislauf nicht mehr raus, bis meine Betreuerin mich angerufen und mir Mut zugesprochen hat.

Dann begann eine kurze Zeit des Weinens, weil ich so dankbar für meine Lieblingsbetreuerin bin. Sie tut so, so viel für mich! Und dennoch sagt sie, dass sie denkt ich bräuchte viel mehr Unterstützung. Ich sehne mich danach auch sehr. Ja! Aber ich möchte bei Frau Hoffnung in der Betreuung bleiben und sein. Also kommen andere Gedanken gar nicht erst in Frage. Zudem bin ich zufrieden mit dem was gerade ist. Sie ist mir wichtig. Unglaublich wichtig und ich liebe sie für alles was sie für mich tut (und sie tut sehr, sehr viel für mich). Ich hab sie einfach als meine Betreuerin so lieb und gern. Sie schenkt mir so vieles emotionales, fürsorgliches. So viel Kraft und achtsamen Lebensmut. So etwas Schönes hat zuvor noch nie ein Mensch für mich getan!!

Ich versuche immer tapfer zu sein! Und ich gebe immer mein Bestes.

Ich esse etwas, dann denke ich „diesmal schaffe ich es ohne“ (zu erbrechen) und dann gelingt es dennoch nicht. Das sieht dann so aus, dass ich kleine bis mittlere Portionen esse, viel Wasser trinke und mich anschließend selbstinduziert erbreche. Direkt danach esse ich das nächste Mal und übergebe mich erneut. Jedes Erbrechen ist aber nicht mit einmal würgen erledigt. Und so stehe ich oft minutenlang vor der Toilette und schmeiße „gekonnt“ alles raus was keine Miete zahlt.

Das ist nicht mit einem Mal erledigt, den Magen wieder zu entleeren. Man braucht schon mehrere Etappen, bis zur Bezeichnug „ich habe gekotzt“. Einmal Erbrechen ist also nur der Oberbegriff für das, dass ich mehrere Male würgend vor dem Porzellangott stehe.

Gestern habe ich dann noch ein kleines Telefonat mit meiner Betreuerin gehabt, die sagte „Fräulein Voni, jetzt ist gut für heute“ und „passen Sie gut auf sich auf“ und sie sagt, dass sie gerade nicht auf mich aufpassen kann, weil sie zu weit weg ist und ich verspreche es ihr. Weil ich weiß, dass wir uns beide schätzen.

Ich bin glücklich, dass meine Lieblingsbetreuerin an meiner Seite ist. Einfach von Innen heraus so tief dankbar und bewegt.