„nutzen Sie die Energie, die Sie brauchen um vorm Leben wegzulaufen dafür, um aufs Leben zuzulaufen“
– Sporttrainer in der Klinik zu mir
„nutzen Sie die Energie, die Sie brauchen um vorm Leben wegzulaufen dafür, um aufs Leben zuzulaufen“
– Sporttrainer in der Klinik zu mir
Aktuell komme ich ziemlich gut zurecht. Meine Lieblingsbetreuerin ist im Urlaub für vier Wochen, worunter ich und alle WG-ler irgendwie ziemlich leiden, aber jetzt haben wir schon 2/3 der vier Wochen geschafft, da schaffen wir den Rest auch noch. Meine Strategier dafür? Gefühle wegdrücken. Läuft auch gut.
Ich hatte in der Klinik und in der Fortführung daheim 10 kg zugenommen. Aber seit meinem Juli-Projekt mit meiner besten Freundin habe ich davon jetzt wieder 3,4 kg abgenommen, was ich für knapp 3 Wochen ziemlich gut finde.
Ich gehe, wenn ich aus meiner Lethargie herausfinde, spazieren und mache ab und an Freeletics. Letzteres lasse ich aber ziemlich schleifen. Heute habe ich mich mit meinem Vater zu einem Ausflug verabredet, worauf ich mich schon freue.
Was das Essen angeht kompensiere ich darüber viel. Ich habe jetzt auch wieder ambulante Therapie, wir sehen uns alle zwei Wochen. Das ist super für mich. Auch soll es eine stabilisierende und vorerst keine aufdeckende Therapie werden. Erfreulicher Weise wurde die Langzeittherapie bewilligt.
Es geht mir wirklich ganz gut und ich bin sogar so mutig, dass ich mich morgen mit einer mir bis dato unbekannten Betreuerin treffe. Ich habe auch schlechte Momente. Zum Beispiel brauche ich oft Bedarf und gehe meist gegen 15/ 16 Uhr ins Bett (wirklich!). Aber dafür sind die Morgende gut und ich spare mir so das Abendessen. Natürlich lenkt die Essstörung mal wieder echt gut ab. Aber damit bin ich zufrieden. Und was mein Gesamtempfinden angeht: bin ich glücklich.
Mit meinen Eltern komme ich super aus und manchmal übernachte ich auch dort. Ich bin wieder häufiger im Stall und liebe mein Pferd über alles. Er freut sich immer und wir gehen reiten oder spazieren. Das ist wunderschön.
Ihr seht: es läuft gut für mich und da kann man Tiefschläge und schlechte Tage und Momente auch irgendwie aushalten und überstehen.
Gestern in der Oberarztvisite war er dann da: der Moment in dem das erste Mal über Entlassung gesprochen wurde. Bislang geht es mir gut mit diesem Gedanken.
Es gibt jetzt noch einiges zu regeln (Termin bei meiner Psychiaterin zum Beispiel), aber 3 oder 4 Wochen sind genug Zeit um sich auf alles vorzubereiten. Es wird auch noch ein Gespräch mit meiner Ärztin und meiner Betreuerin und mir stattfinden. Das aber erst übernächste Woche, da nächste Woche meine Ärztin nicht da ist.
Gestern habe ich es nicht ohne drei Mal zu Erbrechen geschafft. Aber heute ist ein neuer Tag. Ich werde wieder Kalorien zählen und einen Neustart machen, bzw. mich von dem Ausrutscher nicht unterkriegen lassen.
9 Monate in der Klinik
Seit zwei Nächten übernachte ich bei gerade erst kennengelernten Freunden (A. und C.). Es ist wunderschön! Ich fühle mich dort sehr, sehr wohl. Es ist ein gutes Stück zu fahren, aber das macht mir nichts aus! Um meine Tiere zu sehen empfinde ich auch 50 km noch als Katzensprung!
Seit einigen Tagen fahre ich auch immer wieder zu einer lieben Freundin (B.) und helfe ihr beim Lernen und lerne dabei selbst gleich etwas mit. Fachgebiet Psychologie: voll mein Ding! (Hättet ihr Interesse an einer Zusammenfassung der Inhalte die wir so üben?) B. habe ich überhaupt erst all das Glück mit der Übernachtungsmöglichkeit zu verdanken. Sie macht mich froh!
Ich verbringe also sehr viel Zeit mit B. und auch immer wieder ihrem Mann. Wir kochen zusammen. Gehen mit dem Hund spazieren oder zu Fuß einkaufen. Ich mache erste Erfahrungen mit dem Thermo-Mix und manchmal backen wir. Wir machen Workouts und B. versucht mich aus meinen engen Jeans in lockere Hosen zu führen… ich muss immer lachen, aber sie hat Recht. Es ist viel bequemer. Ich bin nur noch zu schüchtern!
Ich bin also momentan mal draußen aus dem „zuhause“. Ich habe ein neues, vorübergehendes Zuhause und mir wird so viel Liebe und Wertschätzung und Hilfe zuteil, dass ich manchmal gar nicht weiß wohin mit mir vor lauter innerem Glück.
Ich frage mich oft: wie kann ich all das was mir da an inneren Werten geschenkt wird, je zurückgeben. Ich bin gesegnet und das Leben ist so ganz und gar mit mir und auf meiner Seite. Ich liebe es zu leben. Ich liebe dieses, dieses meine Leben. Ich glaube das habe ich hier noch nie gesagt!
Und dann war da noch die Sache mit der Therapie, wo ich die Flucht antreten und alles aufgeben wollte und mich heute die liebe Sprechstundenhilfe mit Worten meiner Therapeutin doch innerlich erreicht hat und ich nochmal hingehe. Mich macht das glücklich! Dabei war ich erst so sicher das nicht mehr zu wollen. Vielleicht sind diese Schwankungen Ausdruck meiner Erkrankung.
Erstens kommt es anders. Zweitens als man denkt.
Und nächste Woche gehe ich nun zum Termin. (Und es macht mich sehr glücklich!)
Heute Morgen bin ich um 5 Uhr schon losgefahren zu meinen Eltern. Dann war ich im Stalldienst, später reiten (mit Voni als Handpferd) und dann beim Tierarzt. Habe dann für mich und meine neue kleine Familie etwas eingekauft und verbringe im Moment endlich einmal wieder Zeit bei euch und meiner Katze. Gleich fahre ich dann wieder zurück in mein neues Zuhause. Erst zu B. und später dann zu C. und A. (bei denen ich wohnen darf).
Ich bin glücklich.
Und daran ändern auch die häufigen Dissoziationen und Flashbacks nichts! Ich halte das aus. Ich halte dem stand!