Ich wohne jetzt alleine

vor fast 8 Wochen, habe ich meine erste richtige eigene Wohnung bezogen und ich bin unfassbar glücklich und dankbar für diese Möglichkeit und Chance.

Hier ist es jetzt so sauber wie ich das brauche. Ich bin raus aus der WG, in der die „Hygiene-Standards“ doch sehr oft zu wünschen übrig ließen. Und… ich fühle mich hier so wohl wie noch niemals irgendwo zuvor in meinem Leben.

Es ist ein Geschenk! Ich wurde beschekt!! Wir wurden beschenkt!

Mit viel Unterstützung durch meine Familie haben wir es hier total schön gemacht. Wir haben gestrichen, geputzt (und nochmal geputzt, brr… das war teilweise echt eklig) und auch beim Umzug selbst hatte ich grenzenlose Unterstützung. Das war schon besonders.

Meine Betreuung, jetzt in den eigenen 4 Wänden zu haben, hilft mir sehr. Ich glaube ich bin freier und zugänglicher?! Vielleicht?

Bevor ich hier her zog, war ich sehr viel bei meinen Eltern, gerade auch über Nacht und seit ich in meinem eigenen Reich bin, war das keine einzige weitere Nacht mehr notwendig und das macht mich stolz. Seit 55 Nächten schon! Gewaltig, oder?

Ich bin jetzt auch ganz nah bei den Pferden und fahre oft mit dem Rad hin oder jogge hin, miste und füttere und jogge wieder zurück (das sind pro Strecke etwa 5,5 km).

Ich wohne mitten in der Stadt und habe doch totales „Land-Feeling“. Ich sehe in den Garten hinaus auf eine alte Scheune (aus roten Backsteinen) und habe viel Grün um mich herum. Ich habe sehr nette Nachbarn und einen Parkplatz direkt vor dem Haus. Ich habe eine Terrasse, auf der schon die ersten eigenen Blumen und Kräuter stehen und lebe total ruhig im mittleren Haus eines 3er-Reihenhauses mit je 4 Partien. Es ist so schön. Vor allem war das Schicksal mit mir, dass ich in der aktuellen Wohnungssituation überhaupt etwas finden konnte. Ich weiß dieses Glück sehr zu schätzen.

Was mir nun schmerzlich bewusst wird ist, dass ich meine verletzte Seele mitgenommen habe. Die Anfangseuphorie hat sich längst gelegt – ich bin zwar immer noch sehr, sehr dankbar für alles, aber ich merke, dass ich selbst eben auch mit umgezogen bin.

Ich benötige gerade die volle Pallette Bedarf, schlafe furchtbar schlecht und jede Nacht mit Alpträumen. Ich stehe nachts bis zu 3 Mal unter der Dusche um auch die Flashbacks irgendwie wieder zurückzudrängen. Das Wasser steht dann auf eiskalt.

In der Betreuung kommen wir hier viel besser voran als das in der WG noch der Fall war und es gab, in den vergangenen 7 Wochen, genau zwei Momente in denen ich wehmütig an die WG zurückdachte. Ansonsten bin ich mit meiner Entscheidung im Reinen und realisiere das alles erst so nach und nach.

Ich bin: dankbar, glücklich, bewegt, traurig, mutig und angespannt. Bin euphorisch, hektisch, schwach, zufrieden. Überwältigt, beschenkt, stark, voller Angst… und bin noch so viel mehr.

Die Depressionen sind noch da. Die Essstörung sehr ausgeprägt. Ich stehe unter Druck, habe auch einen starken Leidensdruck. Oft stehe ich neben mir. Bekomme viel nicht so richtig mit. Die DIS zeigt sich anders, die kPTBS bleibt mir erhalten. Depressionen lassen sich nicht leugnen, genauso wenig wie die Tatsache, dass ich zu viele Medis nehme und die Wechselwirkungen Mist sind.

Aber, trotz allem: ich bin dankbar & ich bin glücklich!!!

Und jetzt starte ich mit Spannung die Phase in der ich realisiere wo ich bin und wie beschenkt ich bin.

Danke, Leben! Du hast was gut bei mir!

Psychiater-Termin

Letzte Woche war meine Betreuerin mit mir zusammen bei der Psychiaterin. Sie war sicher, dass wir auf Verständnis stoßen. Aber dem war dann doch nicht wirklich so. Es gab einen Punkt, an dem ich dachte und das Gefühl hatte, dass meine Betreuerin und meine Psychiaterin sich richtig angelegt haben. Ich habe viel geweint in diesem Termin.

Irgendwann ging es dann um die Medikamente und dass wir drastisch und radikal reduzieren müssten. Wir haben uns geeinigt, dass wir das Haldol ganz streichen und ich habe, wieder daheim, meiner Betreuerin auch gleich die ganze restliche Packung (70-80 Stück etwa) mitgegeben. Meine Betreuerin wollte sie erst noch bei mir lassen, aber ich sagte zu ihr „ich brauche sie nicht mehr“. Und ich habe diese (das war am Montag, also vor genau einer Woche), nicht ein Mal vermisst.

Die zwei Tage nach diesem Termin waren für mich sehr, sehr schwierig. Meine Betreuerin und mein Betreuer haben mich aufgefangen, aufgebaut und waren einfach für mich da. Das hat mir geholfen wieder auf die Beine zu kommen. Gerade auch deren Haltung und Meinung zu diesem Termin war stabilisierend.

Ende der vergangenen Woche, kam dann ein Arztbrief, von meiner Psychiaterin, der namentlich an meine Hausärztin gerichtet ist. Ich gehe davon aus, dass dieser Brief auch an sie gesendet wurde und habe mich kurzzeitig gefragt, ob ich dazu überhaupt mal eingewilligt habe. Ich bekam den Brief am Sonntag, als ich wieder in die WG kam und er hat mich erschreckt und mich auch wütend gemacht. Es hat aber auch sein Gutes, denn ich bin nicht der Meinung, dass ich Tavor abhängig bin. Ich habe alle Tavor zusammengesucht (jedes kleine Milligramm) und werde diese heute meinem Betreuer aushändigen. Ich will sie nicht mehr sehen und wenn sie nicht mehr hier herumliegen, komme ich auch nicht in Versuchung.

Was mir neu war ist, dass ich eine „bipolare Störung“ haben soll. Und dass ich eine „schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen“ habe, entspricht auch nicht meinem Empfinden. Im Gegenteil ging es mir die letzte Zeit recht gut und psychotisch war ich auch nicht. Ich warte nun gespannt darauf, was mein Betreuer und meine Betreuerin zu dem Brief sagen. Außerdem sei, laut meiner Psychiaterin, ein stationärer Klinikaufenthalt indiziert.

Ich habe mich gegen einen Klinikaufenthalt ausgesprochen, weil ich mich nicht in Not sehe. Zudem auch aktuell gegen eine ambulante Therapie, da ich 5 Stunden Betreuung in der Woche habe und mich eine Traumatherapie destabilisieren würde. Das sah meine Psychiaterin letztlich auch so, aber eine Verhaltenstherapie fände sie gut und es hätten sich mehrere neue Therapeuten neu niedergelassen. Darüber werde ich nachdenken.

Ich glaube, dass alle Beteiligten (meine Betreuer und meine Psychiaterin) sich Gedanken und auch Sorgen um mich gemacht haben und dass sie alle gute Absichten haben und mir Gutes wollen. Es war nur jetzt alles so heftig und so schockierend für mich, dass ich das kaum verarbeiten konnte. Erst jetzt, wie ich diesen Beitrag schreibe, bekomme ich eine gesunde und distanziertere Haltung zu den ganzen Erlebnissen.

Der Brief… so hart er sich liest, ist vielleicht auch ein Alarmzeichen für mich gewesen. Zumindest zeigt er mir, was auch meine Psychiaterin sagte, dass ich zu viele Medikamente nehme und dass das nicht gut für meinen Körper ist. Das habe ich verstanden und ich habe drastisch reduziert. Kein Haldol mehr, kein Tavor mehr.

Meine Psychiaterin hat mich dieses Mal erst zum 3. Mal gesehen. Meine Betreuerin sagte mit Recht, dass sie mich 3 x in der Woche sehen, seit fast 4 Jahren. Es ist schnell klar, wer mich besser kennt. Ich vertraue meinen Betreuern sehr. Es war alles so schockierend und verstörend. Aber die dringende Notwendigkeit meine Medis reduzieren zu müssen, habe ich verstanden und sie bereits in die Tat umgesetzt. Ich hatte meine Psychiaterin noch gefragt was ich als nächstes, nach dem Haldol, reduzieren solle. Darauf antwortete sie, dass das bis zum Termin in 3 Monaten reicht. Das fand ich komisch. Das Tavor lasse ich also aus absolut und freien Stücken weg.

Ich glaube darauf kann ich stolz sein!

2,5 mg Tavor

Es ist 6 Uhr morgens und mein Tag beginnt mit 2,5 mg.

2,5 mg Tavor.

Ich hänge in Panik fest, Tränen schütteln mich und ich kann mich nicht beruhigen. Der Tag hat noch nicht einmal richtig angefangen und ist doch schon irgendwie gelaufen!

Gleich fahre ich mit meinen Großeltern zu den Pferden und bis dahin muss ich wieder Fassung beweisen. Ich kann nicht weinend vor ihnen zusammenbrechen… oder Ähnliches.

Eigentlich ist das der Punkt an dem ich sagen dürfte, dass es mir zu viel ist und ob ich Zuhause bleiben kann. Ich glaube es würde niemand „nein“ sagen (habe ich noch nie probiert). Aber damit würde ich mich viel zu sehr zeigen. Würde mein Innen aufmachen. Wär zu verletzlich.

Werfen mich 1,2 kg Gewichtszunahme so aus der Bahn?

Zum Glück habe ich heute noch Betreuung bei meiner Lieblingsbetreuerin! Ich hatte gestern schon unseren Termin vorbereitet, konnte es dann aber nicht ausdrucken und es auch nicht speichern, weil es nicht mein eigener Laptop war. Aber ich werde es wohl irgendwie noch erinnern und zusammenbekommen.

Jetzt gilt es zu Atmen. Ruhiger werden. Nicht im Strudel abwärts versinken, sondern das Beste aus dem Tag heraus zu holen. Und vielleicht tun mir die Pferde ja gleich auch einfach total gut!

Mein Voni

als wär ich in der Klinik

Heute ist ein besonderer Tag. Er begann mit Bedarf (inkl. Tavor), ging weiter mit einer guten Betreuungszeit bei meinem Betreuer und war davor, dazwischen und danach immer von dem Lesen eines Buches begleitet, das mich echt abgeholt hat.

Es geht um das Leben in der Psychiatrie und persönliche Erfahrungen und ist wunderbar geschrieben. Zu meiner persönlichen Freude weiß ich, dass der Autor dieses Buches auf der gleichen Station war, wie ich es mehrmals war. Das macht es so nah. Ich fühle sehr mit. Und erkenne alles was er beschreibt wieder.

Ich konnte lange nicht mehr lesen aber jetzt geht es: was für ein Geschenk.

Und dann tauchte auf einmal dieses Heimatgefühl auf… das Gefühl das ich an Psychiatrie-Tagen hatte, an denen ich terminlos in den Tag leben konnte und das Einzige das zu leisten war, war irgendwie durchzuhalten.

So fühle ich mich auch jetzt und kann trotzdem sagen, dass es mir eine gewisse Leichtigkeit bringt, mich zu fühlen als sei ich stationär. Es nimmt Last ab. Es gibt einen klaren Rahmen. Man muss nicht selbst entscheiden wann man was genau isst. Man muss nicht gut drauf sein, kann man. Man muss es nur nicht. Und diese Selbstlüge „du bist gerade in der Klinik“ rettet meine heute sehr schlechte Verfassung.

„Wir alle spielen Theater.“

In der Vorstellung stationär zu sein kann ich mich entspannen. Etwas Verantwortung abgeben und die Sicherheit empfinden, die ich mir selbst nicht geben kann und so lasse ich mir diese (leider nur) Illusion und bleibe bei der Vorstellung ich sei wohlbehütet in der Psychiatrie. Es hilft: und nur darum geht es in diesem Moment gerade.

Dann kommt noch ein Zustand hinzu, der mich ebenso irgendwie wie frei macht: meine Mitbewohnerin C. ist seit gerade und auch über Nacht weg und ich genieße es, weil sie immer alles genau überwacht (ich mag sie aber trotzdem sehr)!

Ich bin jetzt mit meiner Mitbewohnerin S. alleine im Haus. A. ist noch in der Klinik, M. Arbeitet, C. ist wie gesagt unterwegs und so kommt es, dass ich seit Wochen mal wieder unten im Wohnzimmer auf dem Sessel sitze, was ich nur deshalb tue, weil ich die Decke darüber vor wenigen Tagen mal gewaschen habe. Es ist herrlich hier!

Am liebsten würde ich mich ein wenig in die Sonne setzen. Aber mein bislang gesammelter Sonnenbrand spricht sich eher für eine Pause aus. Auf den Balkon komme ich sowieso nicht raus, der Rollladen ist kaputt. Banalitäten.

Meinen Waschtag habe ich fast hinter mir. Das Bett ist, wie jeden Dienstag, frisch bezogen und nur das Abstauben wartet noch auf mich. Vielleicht mache ich das aber auch erst morgen „fuck the system“ und so.

Jetzt schüre ich meine Selbstlüge ich sei in der Klinik. Ich rede mir ein, dass immer jemand da ist, wenn ich jemanden brauche (was nicht stimmt, aber ich wollte mich ja austricksen, also mache ich das auch). Und so lehne ich mich Sessel zurück und atme.

Atme das erste Mal am heutigen Tag einfach nur durch und schicke einen Seufzer hinterher. Es darf so sein wie es gerade ist.

Wieder mal übertrieben! Oder?

Heute begann der Tag mit Tavor und Haldol. Das hatte sich gestern so gut bewährt… und ich wollte mir einen weiteren recht guten Tag gönnen. Heute haben die Medikamente in ihrer Gesamtheit aber so reingehauen, dass ich mich unfähig fühlte etwas mit den Pferden zu machen. Dafür war ich mit meiner Mutter mit unserem Hund spazieren. Leider war ich, entgegen meiner Absprache mit meiner Lieblingsbetreuerin und Bedürfniswächterin, wieder dort (bei meinen Eltern). Gut war es trotzdem. Aber ich war total lahm, was bei mir oft damit zusammenhängt welcher meiner Anteile welche Dosis an Medikamenten mitbekommt und überhaupt erst davon weiß.

Wieder daheim, meine Mum hat mich heimgefahren (ich konnte wegen der Augen und wegen der Medikamente nicht selbst fahren), war ich unzufrieden und bin dann noch auf einen Spaziergang losgegangen. Ich war 9,18 km spazieren und es machte mir Freude. Während der ganzen Zeit hörte ich Radio und lächelte entgegenkommende Menschen strahlend an und grüßte sie. Es ist immer so wunderschön, wenn man ein Lächeln zurückbekommt. Wie ein Geschenk. Dabei war mir nicht nach Lachen zumute, und mein Lächeln aufgesetzt, aber das interessierte mich dann nicht: ich will anderen Freude schenken!!

Jedenfalls habe ich es heute, beim Spaziergang, übertrieben. Vielleicht war es zu lang, vielleicht war ich zu rasch unterwegs, vielleicht hätte ich andere Schuhe tragen sollen. Vielleicht sollte ich aber auch endlich meinen Fuß operieren lassen. Aber ich hatte schon lange keine solchen Beschwerden mehr, wie ich sie heute hatte und jetzt noch habe.

Nun kühle ich meine Füße mit Kühlakkus, über meinem beidseitgen Tensolvet-Verband. Wer Pferde hat weiß, dass dies eine medikamentöse Salbe aus der Veterinärmedizin für Pferde ist. Es ist ein Heparin-Natrium-Gel. Anwendbar bei u.a. Prellungen, Sehnenentzündung, Sehnenscheidenentzündung, und anderen akuten, entzündlichen Erkrankungen des Bewegungsapparates beim Pferd. Und es fördert die frühzeitige Resorption von Blutergüssen etc. (…).

Nun hängen schon die zweiten Kühlakkus an meinen Füßen: dieses Mal die Großen.

Jetzt leite ich den Abend ein. Ich habe Hunger. Aber nicht wirklich was zu essen da. Keinerlei Kohlenhydrate. Kein Brot. Keine Nüsse. Keine Schokolade. Meinen Salat habe komplett verzehrt und außer einem Mango Lassi habe ich nichts mehr zur Kombination mit meinem Joghurt da. Aber das ist egal, wenn ich nur morgen wieder spazieren gehen kann. Und wenn ich abgenommen habe. Alles andere halte ich dann schon aus. Vor allem, da ich mich gerade ohnehin schon wieder übergeben habe.

Einblutungen am Auge

So, jetzt ist es so weit. Unter meinem linken Auge sind beim Erbrechen Äderchen geplatzt. Ich habe ein weinrot unterlaufendes Auge. Wer es jetzt nicht sieht, der wird es nie kapieren. Scheint aber erstmal niemandem krass aufzufallen. Was für ein Glück.

Es ist mir peinlich zu Kotzen. All das gute Essen und all die Mühen, die hinter den Nahrungsmitteln stehen

Heute weine und heule ich, dann weine ich wieder. Ich höre mein aktuelles Lieblingslied. Bin traurig. Frustriert. Inzwischen wiege ich knapp 60 kg. Für mich ein Alptraum: ich liege 10 kg über meinem Wohlfühlgewicht. Und ich bin innerhalb sehr weniger Wochen da hinauf geschossen. Alles nicht verstehbar für mich.

Ich kann nicht mehr. Ich kann wirklich nicht mehr. Ich kann es nicht mehr aushalten. Und dank des Olanzapin bekomme ich meine Fressanfälle nicht in den Griff. Aber liegt es wirklich daran? Oder bin ich einfach nur unfähig mich zu zügeln?

Fakt ist: ich nehme immer weiter zu.

2 Monate outpatient. Wer bin ich?

Ich kann es kaum fassen: nun ist es schon 2 Monate her, dass ich nach 9 Monaten Klinik, aus dieser entlassen wurde. Nicht geheilt. Aber ein bisschen stabiler, wenn man so will.

Die ersten Wochen daheim, war ich sehr euphorisch. Das hat sich wieder gelegt. Die depressiven Gedanken und Symptome haben wieder Einzug gehalten und ich dissoziiere sehr viel. Meine Anteile wechseln schnell. Aber sie zeigen sich und meine Therapeutin und Ärztin sagt, dass es doch immerhin ein Zeichen von Leben sei, in meiner sonst so harten Fassade. Was soll ich sagen: sie hat Recht!

Heute haben wir wieder WG-Besprechung und meine Lieblingsbetreuerin und ich wollen in dieser das Thema Dissoziation ansprechen. Es war nicht meine Idee… aber ich sehe ein, dass es Sinn macht. Denn ich habe gerade absolut keinen Einfluss auf meine inneren Wechsel und meine Therapeutin sagt, dass ich das nicht willentlich steuern kann. Sie sagt auch, dass der selbstbestrafende, kontrollierende und destruktive Teil in mir auch nur ein Anteil ist und dass das nicht ich bin. Das hat mich sehr erleichtert und hat viele Anteile eingeladen sich zu zeigen. Noch stehe ich verunsichert am Rand meines Selbst und sehe diesem Schauspiel zu. Es ist aufwühlend und verwirrend. Aber es macht mich auch neugierig. Frei nach dem Motto „wer bin ich? Und wenn ja, wie viele?“

Am Montag war ich noch mal bei meiner Therapeutin und habe meinen Tavor-Bedarf abgeholt, den ich in der Woche zuvor vergessen hatte. Das war sehr schön und herzlich. Es hat mir so gut getan sie zu sehen und in der Praxis gewesen zu sein und trotzdem denke ich, dass der 2-Wochen-Rhythmus für die Therapiesitzungen klar geht.

In einer guten Woche habe ich also wieder ambulante Therapie und dann sind, aufgrund des Jahresurlaubs in der Praxis, leider 4 Wochen Pause. Aber mit meiner Lieblingsbetreuerin an meiner Seite, schaffe ich auch das.

Ja, wer bin ich? Was macht mich aus? Wie komme ich in die Kommunikation mit meinen Anteilen? Meine Therapeutin hat mir vorgeschlagen ein Buch für Notizen auszulegen, in das alle Anteile hineinschreiben oder malen dürfen. Dieser Idee schenke ich Raum und Zeit.

Leider habe ich mich gestern selbstverletzt. Ich habe mich geschnitten, konnte aber alles selbst versorgen. Warum? Keine Ahnung. Ich habe es kaum mitbekommen. Die Selbstverletzung ist aber kein Grund jetzt in einem Tief zu versinken.

Im Gegenteil: ich biete dem Leben die Stirn!

Annika: „der Wind wird immer stärker!“

Pippi: „das macht nichts: ich auch!“

Ich mach‘ jetzt häufiger Urlaub auf Zyprexa

Nach meiner schweren dissoziativen Fugue oder wahlweise einem psychotischen Anfall (denn was es nun war wissen wir nicht), hat meine Betreuerin mit meiner Psychiaterin telefoniert und sie kamen zu dem Schluss, dass wir das Zyprexa am Morgen erhöhen.

Ob es hilft weiß ich noch nicht so genau. Ich glaube aber, dass es meine Gedanken ruhiger macht. Und das ist eine willkommene Wirkung. Und so mache ich nun also etwas mehr Urlaub auf Zyprexa.

Mein nächster Therapietermin ist leider erst in einer Woche. Dafür ist aber meine Lieblingsbetreuerin wieder da und nach einem kurzen Gespräch gestern, sehe ich sie am Freitag wieder zu einem längeren Termin! Ein Lichtblick!

Oberarztvisite und warum ich trotzdem heimlich glücklich bin

Die Oberarztvisite war wenig erfreulich. Na ja, es war eigentlich gut, aber das Zyprexa wurde eben nicht erhöht, wie ich es mir erhofft habe. Aber ich kann die Beweggründe schon nachvollziehen (Puffer nach oben für schlechte Zeiten). Von daher bin ich, jetzt im Nachhinein, heimlich ein bisschen glücklich! Es ist einfach auch ein guter Tag.

Wann mein angekündigtes Einzelgespräch mit meiner Ärztin nun heute stattfinden soll, weiß ich immer noch nicht. Die Pflege meint ich solle sie nachher abpassen und fragen. Das nervt mich immer, weil man ständig wartet und abrufbar sein soll. Was, wenn man im 3-er Zimmer liegt und mal raus will, ziemlich anstrengend sein kann.

Ein 3-er Zimmer ist es seit gestern wieder. Ich liege mit zwei alten Damen zusammen (89 und 91 Jahre alt) und genieße deren Anwesenheit. Beide sind unglaublich nett und liebenswert. Ich hätte es nicht besser treffen können. Außerdem sind beide bei klarem Verstand und angenehm ruhig. Wir drei passen gut zusammen und sind zusammen 210 Jahre alt! Und trotzdem ist es einfach sehr eng in einem Zimmer, das für nur zwei Patienten konzipiert ist und auch da schon keinen großen Raum für Privatsphäre bietet.

Ich hatte gehofft, dass wir heute das Gespräch hier in der Klinik mit meiner Betreuerin machen können, weil sie spontan doch gekonnt hätte. Aber meiner Ärztin ist es nun doch nächste Woche lieber. Es bleibt also bei der ursprünglichen Planung.

Es zieht mich raus, ich würde gerne heim gehen. Die Zeit nach Hause zu gehen ist gekommen und ich fühle mich bereit. Heute geht es mir gut. Und auch wenn ich mit der Visite nicht so zufrieden war, so ist sie doch gut gelaufen. Ich bin zufrieden und heimlich glücklich. Aber ein Versuch, das Zyprexa noch zu erhöhen, war es trotzdem wert. Und letztlich wurde ich mehrfach in der Visite für meine Fortschritte in den letzten zwei, drei Monaten gelobt. Vielleicht brauchte ich das auch einfach mal wieder, dass mir jemand eine Grenze aufzeigt.

15 neue Stiche – Selbstverletzung TW und Gefühle

Gestern Abend war es wieder soweit. Nach 28 Tagen ohne Selbstverletzung, ist es wieder „passiert“. Natürlich klingt das zu passiv für eine solche Handlung, wenn man „passiert“ schreibt. Aber „ich habe es getan“ würde eben so wenig passen, weil ich nicht mehr Herrin über meine Emotionen war. Von dem her ist es doch viel eher „einfach geschehen“.

Natürlich gab es Anschiss bzw. genervte Pflegekräfte (Fr. M. und Fr. A.) aber so alles in allem waren dann doch alle fair (abgesehen von den gerade Genannten, die aber einfach ohne mich schon gestresst waren).

In der Chirurgie wurde ich sehr nett behandelt und der Unfallchirurg verpasste meinem rechten Unterschenkel 15 schöne, blaue Stiche in Knopfnaht. Außerdem habe ich gelernt, dass die Stiche unter der Haut intracutan heißen. So war all das Chaos sogar noch lehrreich.

Ich wurde hier auf Station notdürftig versorgt und ein Transport fuhr mich dann im Rollstuhl zur Notaufnahme hin und brachte mich nach der Naht wieder zurück. Meine Schuhe habe ich eingesaut, die sind voller Blutstropfen. Aber das bekomme ich wieder raus (in der Waschmaschine).

Aktuell muss ich seit gestern auf Station bleiben. Heute kommt dann die Oberärztin auf mich zu, zu einem Gespräch und dann sehen wir, wie die Ausgänge weiter geregelt werden. Wann sie aber kommt weiß man nicht. Ich hoffe es ist eine Nette. Ich habe da schon doofe Erfahrungen gemacht.

Eigentlich hätte ich heute Tagesurlaub. Aber das lasse ich ausfallen. Ich bin zu fertig mit den Nerven. Aufs Klinikgelände aber, würde ich schon gerne gehen dürfen. Wobei mir „kein Ausgang“ irgendwie Sicherheit gäbe. Aber das bringt mich ja nicht weiter.

Momentan warte ich auf die Wirkung von 600 mg Ibuprofen und kühle die Wunde mit einem Kühlakku. Ich habe zu gestern über 1 kg abgenommen, was mich froh macht. Auch wenn das von meinem Geburtstag her noch viel Mageninhalt war.

Verbandsmaterial habe ich mir bei einer meiner Lieblingspflegerinnen schon geholt und so starte ich vorbereitet in den Tag. Jetzt hole ich mir erstmal einen Kaffee. Und im Laufe des Tages setze ich mich dann an meine Verhaltensanalyse.

Eine Pflegerin (Frau R., eine meiner Lieblingspflegerinnen) sagte, dass es Zeit wird, dass ich hier raus komme. Und ja… ich freue mich auf meine Entlassung. So in etwa zwei bis drei Wochen soll es soweit sein. Ich möchte heim! Auch wenn der UC (Unfallchirurg) der Meinung war, dass eine Selbstverletzung das wahrscheinlich nicht beschleunige und leichter mache: wir werden sehen.

Das Schönste am Ganzen? Der junge Mann von der anderen Station hat mir zugewunken, als ich im Rollstuhl saß und auf den Transport wartete. Ich würde ihn so gerne kennenlernen. Ich mag ihn. Wie er wohl heißt?