Ich wohne jetzt alleine

vor fast 8 Wochen, habe ich meine erste richtige eigene Wohnung bezogen und ich bin unfassbar glücklich und dankbar für diese Möglichkeit und Chance.

Hier ist es jetzt so sauber wie ich das brauche. Ich bin raus aus der WG, in der die „Hygiene-Standards“ doch sehr oft zu wünschen übrig ließen. Und… ich fühle mich hier so wohl wie noch niemals irgendwo zuvor in meinem Leben.

Es ist ein Geschenk! Ich wurde beschekt!! Wir wurden beschenkt!

Mit viel Unterstützung durch meine Familie haben wir es hier total schön gemacht. Wir haben gestrichen, geputzt (und nochmal geputzt, brr… das war teilweise echt eklig) und auch beim Umzug selbst hatte ich grenzenlose Unterstützung. Das war schon besonders.

Meine Betreuung, jetzt in den eigenen 4 Wänden zu haben, hilft mir sehr. Ich glaube ich bin freier und zugänglicher?! Vielleicht?

Bevor ich hier her zog, war ich sehr viel bei meinen Eltern, gerade auch über Nacht und seit ich in meinem eigenen Reich bin, war das keine einzige weitere Nacht mehr notwendig und das macht mich stolz. Seit 55 Nächten schon! Gewaltig, oder?

Ich bin jetzt auch ganz nah bei den Pferden und fahre oft mit dem Rad hin oder jogge hin, miste und füttere und jogge wieder zurück (das sind pro Strecke etwa 5,5 km).

Ich wohne mitten in der Stadt und habe doch totales „Land-Feeling“. Ich sehe in den Garten hinaus auf eine alte Scheune (aus roten Backsteinen) und habe viel Grün um mich herum. Ich habe sehr nette Nachbarn und einen Parkplatz direkt vor dem Haus. Ich habe eine Terrasse, auf der schon die ersten eigenen Blumen und Kräuter stehen und lebe total ruhig im mittleren Haus eines 3er-Reihenhauses mit je 4 Partien. Es ist so schön. Vor allem war das Schicksal mit mir, dass ich in der aktuellen Wohnungssituation überhaupt etwas finden konnte. Ich weiß dieses Glück sehr zu schätzen.

Was mir nun schmerzlich bewusst wird ist, dass ich meine verletzte Seele mitgenommen habe. Die Anfangseuphorie hat sich längst gelegt – ich bin zwar immer noch sehr, sehr dankbar für alles, aber ich merke, dass ich selbst eben auch mit umgezogen bin.

Ich benötige gerade die volle Pallette Bedarf, schlafe furchtbar schlecht und jede Nacht mit Alpträumen. Ich stehe nachts bis zu 3 Mal unter der Dusche um auch die Flashbacks irgendwie wieder zurückzudrängen. Das Wasser steht dann auf eiskalt.

In der Betreuung kommen wir hier viel besser voran als das in der WG noch der Fall war und es gab, in den vergangenen 7 Wochen, genau zwei Momente in denen ich wehmütig an die WG zurückdachte. Ansonsten bin ich mit meiner Entscheidung im Reinen und realisiere das alles erst so nach und nach.

Ich bin: dankbar, glücklich, bewegt, traurig, mutig und angespannt. Bin euphorisch, hektisch, schwach, zufrieden. Überwältigt, beschenkt, stark, voller Angst… und bin noch so viel mehr.

Die Depressionen sind noch da. Die Essstörung sehr ausgeprägt. Ich stehe unter Druck, habe auch einen starken Leidensdruck. Oft stehe ich neben mir. Bekomme viel nicht so richtig mit. Die DIS zeigt sich anders, die kPTBS bleibt mir erhalten. Depressionen lassen sich nicht leugnen, genauso wenig wie die Tatsache, dass ich zu viele Medis nehme und die Wechselwirkungen Mist sind.

Aber, trotz allem: ich bin dankbar & ich bin glücklich!!!

Und jetzt starte ich mit Spannung die Phase in der ich realisiere wo ich bin und wie beschenkt ich bin.

Danke, Leben! Du hast was gut bei mir!

Psychiater-Termin

Letzte Woche war meine Betreuerin mit mir zusammen bei der Psychiaterin. Sie war sicher, dass wir auf Verständnis stoßen. Aber dem war dann doch nicht wirklich so. Es gab einen Punkt, an dem ich dachte und das Gefühl hatte, dass meine Betreuerin und meine Psychiaterin sich richtig angelegt haben. Ich habe viel geweint in diesem Termin.

Irgendwann ging es dann um die Medikamente und dass wir drastisch und radikal reduzieren müssten. Wir haben uns geeinigt, dass wir das Haldol ganz streichen und ich habe, wieder daheim, meiner Betreuerin auch gleich die ganze restliche Packung (70-80 Stück etwa) mitgegeben. Meine Betreuerin wollte sie erst noch bei mir lassen, aber ich sagte zu ihr „ich brauche sie nicht mehr“. Und ich habe diese (das war am Montag, also vor genau einer Woche), nicht ein Mal vermisst.

Die zwei Tage nach diesem Termin waren für mich sehr, sehr schwierig. Meine Betreuerin und mein Betreuer haben mich aufgefangen, aufgebaut und waren einfach für mich da. Das hat mir geholfen wieder auf die Beine zu kommen. Gerade auch deren Haltung und Meinung zu diesem Termin war stabilisierend.

Ende der vergangenen Woche, kam dann ein Arztbrief, von meiner Psychiaterin, der namentlich an meine Hausärztin gerichtet ist. Ich gehe davon aus, dass dieser Brief auch an sie gesendet wurde und habe mich kurzzeitig gefragt, ob ich dazu überhaupt mal eingewilligt habe. Ich bekam den Brief am Sonntag, als ich wieder in die WG kam und er hat mich erschreckt und mich auch wütend gemacht. Es hat aber auch sein Gutes, denn ich bin nicht der Meinung, dass ich Tavor abhängig bin. Ich habe alle Tavor zusammengesucht (jedes kleine Milligramm) und werde diese heute meinem Betreuer aushändigen. Ich will sie nicht mehr sehen und wenn sie nicht mehr hier herumliegen, komme ich auch nicht in Versuchung.

Was mir neu war ist, dass ich eine „bipolare Störung“ haben soll. Und dass ich eine „schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen“ habe, entspricht auch nicht meinem Empfinden. Im Gegenteil ging es mir die letzte Zeit recht gut und psychotisch war ich auch nicht. Ich warte nun gespannt darauf, was mein Betreuer und meine Betreuerin zu dem Brief sagen. Außerdem sei, laut meiner Psychiaterin, ein stationärer Klinikaufenthalt indiziert.

Ich habe mich gegen einen Klinikaufenthalt ausgesprochen, weil ich mich nicht in Not sehe. Zudem auch aktuell gegen eine ambulante Therapie, da ich 5 Stunden Betreuung in der Woche habe und mich eine Traumatherapie destabilisieren würde. Das sah meine Psychiaterin letztlich auch so, aber eine Verhaltenstherapie fände sie gut und es hätten sich mehrere neue Therapeuten neu niedergelassen. Darüber werde ich nachdenken.

Ich glaube, dass alle Beteiligten (meine Betreuer und meine Psychiaterin) sich Gedanken und auch Sorgen um mich gemacht haben und dass sie alle gute Absichten haben und mir Gutes wollen. Es war nur jetzt alles so heftig und so schockierend für mich, dass ich das kaum verarbeiten konnte. Erst jetzt, wie ich diesen Beitrag schreibe, bekomme ich eine gesunde und distanziertere Haltung zu den ganzen Erlebnissen.

Der Brief… so hart er sich liest, ist vielleicht auch ein Alarmzeichen für mich gewesen. Zumindest zeigt er mir, was auch meine Psychiaterin sagte, dass ich zu viele Medikamente nehme und dass das nicht gut für meinen Körper ist. Das habe ich verstanden und ich habe drastisch reduziert. Kein Haldol mehr, kein Tavor mehr.

Meine Psychiaterin hat mich dieses Mal erst zum 3. Mal gesehen. Meine Betreuerin sagte mit Recht, dass sie mich 3 x in der Woche sehen, seit fast 4 Jahren. Es ist schnell klar, wer mich besser kennt. Ich vertraue meinen Betreuern sehr. Es war alles so schockierend und verstörend. Aber die dringende Notwendigkeit meine Medis reduzieren zu müssen, habe ich verstanden und sie bereits in die Tat umgesetzt. Ich hatte meine Psychiaterin noch gefragt was ich als nächstes, nach dem Haldol, reduzieren solle. Darauf antwortete sie, dass das bis zum Termin in 3 Monaten reicht. Das fand ich komisch. Das Tavor lasse ich also aus absolut und freien Stücken weg.

Ich glaube darauf kann ich stolz sein!

Was? 6 1/2 Monate ist das schon her?

In den vergangenen 6 1/2 Monaten ist viel passiert und gleichzeitig doch auch Einiges beim Alten geblieben. Es ist nun tatsächlich aber so viel Zeit seit Mai vergangen, seit ich meinen letzten Beitrag hier schrieb…

Ich habe in der Zwischenzeit meiner Mitbewohnerin A. nackt aus der Badewanne geholfen, ich habe mich über nicht gemachte Dienste von C. geärgert und bin gleichzeitig manchmal voller Demut und denke, dass ich es dennoch doch echt gut hier habe. Wirklich gut!!!

Vor genau einer Woche hatte ich einen Termin bei meiner Psychiaterin und es war einfach nur verstörend. Sie hat mir dann Ende der vergangenen Woche noch einen Arztbrief geschrieben und ich wurde wütend beim Lesen, war irgendwann aber nur noch verzweifelt.

In gemeinsamer Übereinkunft haben wir schon letzte Woche ein Medikament abgesetzt (Haldol) und ich habe die noch fast volle Packung meiner Betreuerin mitgegeben. In diesem Atemzug wurde mir dann (insbesondere durch den Brief) auch klar, dass ich komplett vom Tavor weg möchte und so habe ich alle Rücklagen zusammen gesucht und gebe sie heute meinem Betreuer mit. Das sind 1 1/2 Packung Expidet 2,5 mg und zwei Packungen und ein paar Zerquetschte mit 1 mg. Weg damit. Ohne ein einziges Milligramm Ausnahme.

Außerdem ist heute Tag 3 ohne Erbrechen, was mich ziemlich stolz macht. Seit etwa 3 bis 4 Wochen haben meine Betreuer meine beiden Waagen bei sich. Ich hatte sie nur zwischenzeitlich einmal um mich zwischen zu wiegen und ich kann wirklich spüren, dass ich ein positiveres Körpergefühl bekomme. Ich fühle mich erheblich besser, auch wenn ich mich trotzdem lieber morgen als übermorgen wieder wiegen würde. Ambivalenz!

Zu meinem Psychiatertermin schreibe ich noch einen gesonderten Beitrag. Ich werde wohl noch brauchen, bis ich das verarbeitet habe. Ich war selten so verzweifelt in einem Termin. Meine Betreuer stehen mir aber bei und ich werde das schaffen. Ich kann ja jetzt beweisen was in mir steckt. Manchmal denke ich, dass ich erst richtig auf die Fresse fliegen muss, dass ich dann etwas grundlegend verändere. Insofern hat vielleicht alles auch sein Gutes.

es fühlt sich verdammt danach an

ich schreibe, weil der Tag klasse angefangen hat und ich so stolz bin, dass ich euch einfach davon berichten muss. Ihr kriegt so viel Schwieriges von mir mit, dass ich euch auch an schönen Ereignissen teilhaben lassen möchte.

Ab 6:53 Uhr habt ihr mich laufend auf den Feldern angetroffen. Ich war allen Ernstes Joggen (nach heute exakt 7 Monaten Pause, das erste Mal). Und ich bin von Anfang bis Ende durchgelaufen. Mein Puls war über die Hälfte der Zeit in Pulsbereich 5 *lach, aber was soll´s. Es hat Spaß gemacht und ich war echt stolz, dass ich sogar die Berge bis hoch zum Wald hochgejoggt bin.

Es waren dann letztlich 5,24 km in 35:28 min – ich weiß, das ist keine Heldenzeit, aber gemacht ist gemacht!

Die Waage zeigt ein Gewicht, womit ich gut umgehen kann. Danach habe ich Wechselduschen gemacht von richtig warm auf so kalt es nur geht und das sicherlich zehn, zwölf Mal im Wechsel. Danach gab es einen Proteinshake (zwei Drittel Milch, ein Drittel Wasser) und jetzt esse ich sogar noch Skyr mit roter Grütze, Chiasamen und Sonnenblumenkernen.

Mein Einkaufszettel sieht sehr gesund und viel ausgewogener aus. Ich habe Lachs mit auf den Zettel geschrieben. Hühnerbrust. Eier. Gemüse. Quark. Schafskäse. Walnusskerne.

Es ist zu früh zu sagen, dass in meinem Kopf etwas Klick gemacht hat. Aber es fühlt sich verdammt danach an.

Nimm dich leicht!

Heute war er da: dieser magische Moment.

Ich habe mit einer wunderbaren Freundin heute mit den Pferden gearbeitet und war so stolz auf mich. Es war einfach wunderschön und ich habe gelernt, dass ich mich nicht schämen muss und dass ich nicht für alle Fehler die Verantwortung trage.

Ich weiß, dieser Beitrag wird vielleicht nicht lang, aber ich möchte diesen Augenblick mit euch teilen. Weil er sooo besonders für mich ist…

Und dann ging es besonders weiter, denn ich war wieder daheim und habe mich übergeben, doch ich habe mir direkt verziehen. Ich habe es mir nicht schwer gemacht und mich nicht verurteilt, sondern war einfach gnädig mit mir. Was für eine wundervolle und neue Erfahrung. Ein magischer Moment. Irgendwie.

Auch die Selbstverletzung und die entstandene Entzündung trage ich mir gerade nicht nach. Es ist passiert. Na und? In der Konsequenz kühle ich nun mein Bein und handle damit absolut funktional. Ich kann auch hier stolz auf mich sein.

Meine Freundin und die Pferde haben mich heute 10 cm wachsen lassen. Ich bin so dankbar!

Ich lerne langsam. Aber ich lerne! 🙂

And I’m proud of that.

Weinend bin ich um 1 Uhr aus einem furchtbaren Alptraum aufgewacht. Meine Augen schmerzen, weil ich so sehr weinen musste. Noch immer weinend, sitze ich nun bei einem Kaffee in der Küche, höre Musik und versuche mich irgendwie zu beruhigen. Leider gelingt mir das kaum. Ich bin gerade so einsam mit diesem Schmerz.

Am liebsten würde ich jetzt lang und heiß duschen. Es stellt sich aber die Frage, ob das für meine vier Mitbewohnerinnen nicht zu laut ist, immerhin ist es noch nicht einmal 3 Uhr am Morgen. Hinzu kommt leider, dass ich mich gestern selbstverletzt habe und dann ist das immer die Frage, ob es den noch recht frischen Schnitten wirklich gut tut, sie mit Wasser in Berührung kommen zu lassen.

Gestern Nachmittag kam ich nicht mehr klar. Ich war mir sicher es ohne Erbrechen zu schaffen. Ich habe gekämpft wie eine Löwin und bin dann doch wieder eingebrochen. Der Betreff der E-Mail an meine Lieblingsbetreuerin (mit der angehängten Verhaltensanalyse) lautete nur aufgebend „ach was soll’s“. Ich verfiel erst in Starre und dann schnitt ich mich; Den linken und rechten Unterarm, sowie meinen linken Oberarm habe ich verunstaltet. Ich habe alles gut versorgt und es war nicht nahtpflichtig, worüber ich echt froh bin. Ich möchte das nicht mehr.

Mein Wochenende war schwierig. Die Essstörung war sehr präsent. Und heute Morgen geht es mir nach diesen schrecklichen Alpträumen seit langem das erste Mal so, dass ich wünschte in der Klinik zu sein. Nicht weil die mir helfen könnten (denn ich wüsste nicht wie), sondern einfach weil ich dann jetzt nicht alleine hier sitzen würde.

In die Klinik möchte ich aber tatsächlich auf gar keinen Fall und in 6 Stunden habe ich zum Glück ja auch Betreuung.

Ich muss noch kurz. Ich mach mal schnell.

Ich schreibe meiner Lieblingsbetreuerin eine Mail und schildere folgendes:

Es geht um den Drang zu meinen Eltern zu fahren. Was wir aber für den Samstag anders geplant haben.

(…) Denn sonst würde ich jetzt wanken und schwanken um dann mit einem plötzlichen Schlag in meinem Hirn, ratzfatz alles einzupacken was ich zu brauchen denke und dann hektisch losfahren und mich erst wieder beruhigen, wenn ich Mia im Arm halte. (…)

Ich muss noch kurz. Ich mach mal schnell.

Vor einiger Zeit habe ich im Radio auf SWR3 einen kurzen Beitrag gehört, in dem es darum ging, dass wir uns selbst unter Druck setzen, uns hetzen und manipulieren, in dem wir immer wieder sagen „ich mache mal kurz den Abwasch“, „kannst du noch schnell den Müll rausbringen?“. Die Pastorin beschrieb, dass uns solcherlei Äußerungen unbewusst scheuchen und uns Stress bereiten. Sie gab Anregungen zu anderem Denken:

„jetzt mache ich noch in Ruhe den Abwasch“, und „ich gehe später noch gemütlich einkaufen“.

Seit ich auf solche Worte achte, kehrt in mir tatsächlich mehr Ruhe ein. Aus einem „ich muss das sofort machen“, wird ein „das mache ich jetzt in aller Ruhe fertig“. Das Verblüffende ist doch, dass wir gar nicht länger für diese Dinge brauchen, es uns aber ein Gefühl der inneren Ruhe schenkt. Zumindest ein bisschen.

Inkompetenz-kompensations-kompetenz.

Zumindest will ich hoffen, dass ich eine Inkompetenzkompensationskompetenz besitze, denn die letzten Tage waren doch sehr impulsiv emotional und ich fühle mich, als habe ich Inkompetenz im Paket an den Tag gelegt, dabei war ich vielleicht auch einfach nur ein bisschen mutig!?!

Das, dann wohl nicht in meinem Handeln am Tag,  wohl aber in meinen Mails an meine Lieblingsbetreuerin, die 10 Tage nicht da war und erst morgen wieder kommt.

Ich habe gejammert und geklagt, habe in Frage gestellt und mein Innerstes nach Außen gedreht und einfach authentisch berichtet, wie es mir in jedem dieser einzelnen Moment ging, als ich ihr schrieb. Muss mir das peinlich sein? Oder war ich einfach nur echt, ehrlich und aufrichtig?

Ich bereue keine dieser Mails, weil ich in genau diesem Moment, genau so und genau das gefühlt habe, was ich ihr aufgeschrieben habe. Oder bereue ich doch? Ich hoffe, dass ich jetzt die Kompetenz besitze, die Inkompetenz zu kompensieren. Denn sobald ich mich traue, meine eigene Meinung offenzulegen, fühle ich mich leider noch immer inkompetent. Als wäre es ein eisernes Gesetzt, dass ich falsch bin, wenn ich mich ausdrücke.

Ein bisschen in diese Richtung des Klagens, komme ich seit meiner letzten Therapiesitzung, in der mir meine Therapeutin sehr geholfen hat, indem sie meiner Lieblingsbetreuerin etwas aus dem WG-Alltag berichtete, das ich so noch nie angesprochen hatte bei meinen Betreuern. Das hat mich gestärkt! Und ich werde mutiger, seit der letzten Therapiesitzung. Und heimlich macht mich das auch ein kleines bisschen stolz! Aber so ganz im Griff habe ich das noch nicht.

Ich mag das Wort: Inkompetenzkompensationskompetenz. Jetzt stellt sich aber noch die Frage, ob ich diese Kompetenz überhaupt brauche: war ich überhaupt inkompetent meiner Lieblingsbetreuerin gegenüber? Oder habe ich einfach auf Balance in unserer WG geachtet? Und wie schafft es meine Lieblingsbetreuerin bei all den schwierigen Situationen hier, noch neutral zu bleiben. Eines aber ist, bei all den offenen Fragen, sicher: ich rechne, meiner Lieblingsbetreuerin, ihre Kompetenz hoch an.

danke für nichts! Aber die Sonne scheint!

Ich sitze in meinem Zimmer am Schreibtisch. Die Sonne scheint auf meine Hände und den Laptop. Es ist schön hier zu sitzen und die Sonne zu spüren.  In solchen Momenten werde ich an das Leben erinnert und daran, dass dieses auch Schönes für mich bereithält. Aber erst einmal war ich nur gefrustet.

Ich schrieb:

„Raus bekommt mich heute, glaube ich, nichts mehr. Ich habe genug. Mir reicht es. Mir stiegt schon wieder die Galle hoch, als ich hier ankam und immer noch alles nach Chinazeug roch.

Der Mann meiner Mitbewohnerin, im ambulant betreuten Wohnen, ist Chinese und die beiden kochen mit Leidenschaft chinesisch. Na gut, er kocht und sie isst, was offensichtlich ist. Aber das tut nichts zur Sache: es ist nur so, dass ich jegliche asiatische, chinesische, thailändische, indische Kost einfach überhaupt nicht mag. Das hängt mit einer traumatischen Erfahrung zusammen und es ist nicht nur so, dass ich es „nicht mag“, mir wird regelrecht wirklich schlecht davon. Auch von Fenchel, aber den kocht hier keiner.

Natürlich kann ich nicht sagen „ihr dürft nicht mehr kochen“, das versteht sich von selbst. Aber ich wünsche mir, dass sie die Türe beim Kochen schließen und nach dem Essen die Küche lüften und nicht alles ins Haus ziehen lassen. Wahrscheinlich würden sie das sogar machen, aber ich bekomme meinen Mund nicht auf.

So habe ich heute Morgen alles aufgerissen, was ich an Fenstern gefunden habe und habe ein Handtuch von Innen an meinen Türschlitz gelegt und mein Zimmer gelüftet. Wach war ich um 03:30 Uhr eh schon, nachdem mit lautem Klirren unten in der Küche Geschirr in die Spülmaschine geräumt wurde, eine Tür knallte und Stühle quietschend gerückt wurden.

Danke, für nichts! Heute hätte ich echt noch Schlaf gebraucht, aber danach fragte, nachts um halb 4, leider keiner.

Nachdem ich heute Morgen mit meinem Opa den Stall gemacht habe, mit meiner Mutter gefrühstückt habe und dann mit ihr, mit drei Pferden, spazieren war, bin ich wieder nach Hause gefahren, wo mich der China-Duft erwartet hat, als habe er sich nach mir gesehnt.

Ich habe mir dann schnell meinen Gemüsesalat geschnappt und bin in mein Zimmer geflüchtet. Habe das Handtuch wieder vor den unteren Türschlitz gelegt und mein Zimmer erneut gelüftet. Im Flur habe ich wieder alle Fenster aufgemacht. Ich ekle mich.

Den Gemüsesalat habe ich runter gefressen und dann den Kuchen von meiner Mum. Ich war „zur Abwechslung mal wieder“, vollgefressen bis oben hin.

Erst kurz zuvor hatte ich zu mir gesagt „scheiß drauf, dann bleibe ich eben so“ (und meinte damit mein Gewicht, den BMI etc.). Wir alle wissen, dass ich das sehr schnell wieder vergessen hatte.

Ich war dann kotzen. Jetzt geht es wieder.“

Nun hatte ich mich aber auch mental ausgekotzt und dann wieder zu etwas Ruhe gefunden. Ich habe mich wieder auf meine Hände, den Laptop und die Sonne konzentriert. Habe auf 1-2-3-4 eingeatmet, 1-2-3-4 die Luft angehalten und auf 1-2-3-4 wieder ausgeatmet. Was nutz es mir, wenn ich mich aufrege, mich aber nicht artikulieren kann?!

Meine Therapeutin hat dieses Thema mit den Männer-Besuchen in unserer ambulant betreuten WG, in der letzten Therapie-Sitzung bei meiner Betreuerin angesprochen. Dafür bin ich ihr sehr dankbar, weil ich mich, von mir aus, nicht einmal bei meiner Lieblingsbetreuerin dazu geäußert habe, weil ich mich einfach nicht getraut habe und nicht meckern wollte.

Nun ist es aber raus… und das ist sehr gut so.
Die Frage ist jetzt „wie gehe ich damit um?“.

und ich habe? Wart‘ mal, ich habe niemanden!

Ein bisschen fühle ich mich einsam. Allein.

Meine Mitbewohnerin C. hat Besuch von ihrer Freundin und ihrem Mann. A. meine zweite Mitbewohnerin, sitzt dabei, ist integriert.

S., meine dritte Mitbewohnerin, hat ihren Freund hier.

Und ich habe? … wart‘ mal, ich habe nur mich!

Und so sitze ich dann weinend in meinem Zimmer. Bin froh alleine zu sein und irgendwie auch nicht. Mein Leben rinnt, wie die Regentropfen an der Scheibe, in mir hinab. Ich will nicht mehr und frage mich, warum ich trotzdem muss.

Ich habe Bedarf eingenommen, zwei Mal meine Ration Tavor, davor schon Pipamperon. Aber meine Einsamkeit kann einfach nichts auffangen.

Ich koche Kartoffeln und fühle mich dadurch gleich schon weniger alleine, weil die Idee von meiner Lieblingsbetreuerin gekommen ist und ich mich ihr dann näher fühle, als wenn ich alleine kochen würde. Vielleicht kocht sie gerade auch?

Ich koche nicht schlecht, aber ich koche nicht gerne für mich. Wenn ich meine Familie bekochen kann, dann macht mir das Spaß. Aber ich sehe den Sinn nicht dahinter, dass ich für mich selbst kochen sollte.

Das mache ich jetzt aber trotzdem. Ich koche mir Kartoffeln. Kartoffeln: nur für mich!

Manchmal frage ich mich, warum ich mich von manchen Männer so distanziert habe, Beziehungen beendet habe. Ich weiß genau warum, weil ich es einfach nicht anders gekonnt hätte. Ich will keinen Mann an meiner Seite. Ich will es wirklich nicht, und viel mehr kann ich es einfach nicht. Aber ich bin trotzdem neidisch auf jede meiner Mitbewohnerinnen. Sie haben jemandem, an dem sie sich anlehnen können.

Und ich habe…, wart‘ mal, ich habe niemanden!

Ich habe sehr liebenswerte Menschen um mich herum. In der Betreuung, in der medizinischen Versorgung… aber wenn es ums Ganze geht, darum, zu überleben und einfach einmal jemanden zu haben, der mich auffängt (auch abends oder an einem beschissenen Sonntag), dann stehe ich ganz alleine da und dann ist da niemand. Einfach niemand!