Im Briefkasten war nichts für mich dabei.

„Erinnerst du dich noch daran, dass der Druck immer irgendwann auch wieder weg geht?“, frage ich mich selbst und ich weiß, dass er nachlassen wird. Aber wann? Und wie lange muss ich diesen Zustand noch ertragen?

Ich habe meinem Betreuer eine Mail geschrieben und er hat mir sogar geantwortet. Er konnte mir aber nicht so helfen, wie meine Betreuerin es gekonnt hätte… das muss er ja auch nicht. Nach einem Kontakt zu meiner Betreuerin hätte ich mich jedoch gesehnt, da das Loch heute besonders weh tut, aber heute ist mein Betreuer zuständig.

Ich weiß einfach nicht mehr, wie ich es aushalten soll! Was? Alles. Mein Leben. Meinen Zustand. Meine Existenz. Ich weiß nicht wie ich aushalten soll, dass ich nicht mehr aushalten kann und dann schließt sich der Kreis auch schon!

Die Sonne scheint, das Leben lacht mich an. Aber wie in einer Art Zwang trete ich es mit Füßen und habe dabei meine schwarze Brille auf. Ich würde so gerne jetzt einfach innerlich aufmachen, lächeln und mich beruhigen. Aber stattdessen tauchen Erinnerungsfetzen auf und ich beiße die Zähne aufeinander um nicht los zu schreien – als könnte ich es.

Am liebsten würde ich den Schmerz rausschneiden. Aber was habe ich davon? Es bleibt nur wieder viel Geld auf der Strecke, das ich für Verbandsmaterial, Steri-Strips und Wundgaze ausgeben müsste. Zum Nähen würde ich ohnehin nicht gehen. Zu unsicher.

Mein Kiefer hängt, weil ich so fest zugebissen habe. Meine Augen streifen über die Buchrücken nie gelesener Bücher. „Jetzt hast du doch Zeit!?“. Ich nehme keins davon aus dem Regal.

Stattdessen sitze ich, wegen des Rentenbescheids, wartend auf meinem Bett und versuche den Krampf aus dem Bein zu bekommen… Ich hab es zu lang angespannt.

Ich habe den Briefkasten schon geleert: es war nichts für mich dabei. Jetzt warte und hoffe ich auf morgen! Und so geht es tagein, tagaus.

Essstörung? kann ich mir finanziell eigentlich gar nicht leisten.

Fürs Kotzen zahlen?! Wie gemein ist das denn?

Gestern haben mich 3x Kotzen etwa 30€ gekostet. So mit allem drum und dran. Es frustriert und macht mich nachdenklich und traurig. Ich habe nicht viel Geld – ich kann mir bulimische Phasen einfach nicht leisten. Deswegen esse ich heute (vielleicht) mal etwas weniger.

Vielleicht ist es ja gut, dass ich es mir nicht leisten kann, vielleicht.

Heiraten – nur so ’ne Idee

Im Fernseher läuft VOX.  Stumm.

Als ich das letzte Mal auf das, auf Stumm geschaltete, Bild sah, lief „ShoppingQueen“. Irgendwie noch lebensnah für mich, weil ich ja auch ab und an Kleidung kaufe, auch wenn ich ein so immens hohes Budget sicherlich noch nie in meinem Leben hatte und es wahrscheinlich auch nie haben werde.

Dann aber läuft jetzt „4 Hochzeiten und eine Traumreise“, was mich nicht interessiert, weil ich wahrscheinlich nie heiraten werde. Und so bleibt es dabei, dass alles im Stummen, an mir vorbeizieht. Aber just in diesem Moment kam mir eine, ja sogar fast sensationelle Idee:

Ich könnte mich doch mit meinen Erkrankungen verheiraten lassen.

… vielleicht werden wir (meine psychischen Erkrankungen und ich) uns dann nicht mehr ewig bekriegen. Nein. Vielleicht wird sogar eines Tages dann Liebe daraus?

Als Hochzeits- und Traumreise, würde ich dann „das Leben“, wählen.

2 Monate outpatient. Wer bin ich?

Ich kann es kaum fassen: nun ist es schon 2 Monate her, dass ich nach 9 Monaten Klinik, aus dieser entlassen wurde. Nicht geheilt. Aber ein bisschen stabiler, wenn man so will.

Die ersten Wochen daheim, war ich sehr euphorisch. Das hat sich wieder gelegt. Die depressiven Gedanken und Symptome haben wieder Einzug gehalten und ich dissoziiere sehr viel. Meine Anteile wechseln schnell. Aber sie zeigen sich und meine Therapeutin und Ärztin sagt, dass es doch immerhin ein Zeichen von Leben sei, in meiner sonst so harten Fassade. Was soll ich sagen: sie hat Recht!

Heute haben wir wieder WG-Besprechung und meine Lieblingsbetreuerin und ich wollen in dieser das Thema Dissoziation ansprechen. Es war nicht meine Idee… aber ich sehe ein, dass es Sinn macht. Denn ich habe gerade absolut keinen Einfluss auf meine inneren Wechsel und meine Therapeutin sagt, dass ich das nicht willentlich steuern kann. Sie sagt auch, dass der selbstbestrafende, kontrollierende und destruktive Teil in mir auch nur ein Anteil ist und dass das nicht ich bin. Das hat mich sehr erleichtert und hat viele Anteile eingeladen sich zu zeigen. Noch stehe ich verunsichert am Rand meines Selbst und sehe diesem Schauspiel zu. Es ist aufwühlend und verwirrend. Aber es macht mich auch neugierig. Frei nach dem Motto „wer bin ich? Und wenn ja, wie viele?“

Am Montag war ich noch mal bei meiner Therapeutin und habe meinen Tavor-Bedarf abgeholt, den ich in der Woche zuvor vergessen hatte. Das war sehr schön und herzlich. Es hat mir so gut getan sie zu sehen und in der Praxis gewesen zu sein und trotzdem denke ich, dass der 2-Wochen-Rhythmus für die Therapiesitzungen klar geht.

In einer guten Woche habe ich also wieder ambulante Therapie und dann sind, aufgrund des Jahresurlaubs in der Praxis, leider 4 Wochen Pause. Aber mit meiner Lieblingsbetreuerin an meiner Seite, schaffe ich auch das.

Ja, wer bin ich? Was macht mich aus? Wie komme ich in die Kommunikation mit meinen Anteilen? Meine Therapeutin hat mir vorgeschlagen ein Buch für Notizen auszulegen, in das alle Anteile hineinschreiben oder malen dürfen. Dieser Idee schenke ich Raum und Zeit.

Leider habe ich mich gestern selbstverletzt. Ich habe mich geschnitten, konnte aber alles selbst versorgen. Warum? Keine Ahnung. Ich habe es kaum mitbekommen. Die Selbstverletzung ist aber kein Grund jetzt in einem Tief zu versinken.

Im Gegenteil: ich biete dem Leben die Stirn!

Annika: „der Wind wird immer stärker!“

Pippi: „das macht nichts: ich auch!“

Ich verliere nie meinen Humor, er wechselt höchstens die Farbe.

Ich bin emotional wieder viel mehr daheim, in meiner WG, angekommen. Ich habe gestern den kompletten Tag dort verbracht und es war echt schön, auch wenn es ein unglaublich anstrengender Tag war, weil sich die Anteile nur so türmten und sich, glaube ich, ständig abgewechselt haben. Für mich ist das momentan noch ein ziemliches Chaos.

Warum der Tag trotzdem schön war? Weil ich mich zuhause gefühlt habe. Ich war am richtigen Platz. Frei von jeglicher Fremdzerstörung an mir. Und das war einfach gut.

Jetzt bin ich trotzdem bei meinen Eltern und übernachte dort auch. Aber in der Zeit die ich auch heute wieder daheim in meiner WG war, fühlte ich mich wohl und aufgehoben. Ich habe gelesen und in Abwechslung mit dem Lesen, Klavier gespielt. Und weil mir das so gut getan hat, mache ich das jetzt auch weiterhin. Lesen. Und Musik. Lesen und Musik.

Gestern hatte ich zwar wirklich nichts zu lachen (ich habe es aber trotzdem gemacht). Es war ein trauriger, schwieriger und irgendwie schwarzer Tag. Aber ich bin froh, dass ich meinen Humor behalte, bei all dem Leid, das ich durchlebe. Und dieser wird mich wohl nie verlassen:

„Ich verliere nie meinen Humor, er wechselt höchstens die Farbe!“

Doch zwischen schwarzen Wolken – seh‘ ich ein kleines bisschen Blau

Ich mag dieses Lied von Johannes Oerding – „alles brennt“ so sehr.

Der Tag heute begann früh und mit Tränen! Ich bin sogar seit 1 Uhr wach, habe aber trotzdem genug geruht und starte jetzt mit einem Kaffee so richtig in den Tag. Der Depression habe ich den Kampf angesagt. Ich ziehe das durch und ich werde das aushalten und überstehen.

Ich habe heute gegen 4 Uhr sogar schon gefrühstückt. Gar nicht schlecht.

Auf in den Kampf! Den Kopf in den Sand stecken bringt mich jetzt auch nicht weiter. Tränen sind in Ordnung und ich halte den Schneidedruck sehr tapfer aus. Und das Schönste, das mir wirklich Mut macht durchzuhalten ist: dass meine Lieblingsbetreuerin in 8 Tagen wieder kommt. Dann habe ich tatsächlich 5 Wochen ohne sie ausgehalten und dann werde ich mich auch vorsichtig wieder meinen Gefühlen annähern können, wenn sie wieder da ist. Darüber bin ich jetzt schon froh. Auch wenn ich zu meiner neuen Betreuerin inzwischen einen guten Kontakt habe aufbauen können. Den Termin bei meiner Vertetung habe ich für Freitag abgesagt. Wir hatten nicht so viel füreinander übrig letzte Woche, aber das geht schon klar.

Und denen die mich fallen sehen wollen, werde ich zeigen, dass ich fliegen kann!

Entlassung in 3-4 Wochen

Gestern in der Oberarztvisite war er dann da: der Moment in dem das erste Mal über Entlassung gesprochen wurde. Bislang geht es mir gut mit diesem Gedanken.

Es gibt jetzt noch einiges zu regeln (Termin bei meiner Psychiaterin zum Beispiel), aber 3 oder 4 Wochen sind genug Zeit um sich auf alles vorzubereiten. Es wird auch noch ein Gespräch mit meiner Ärztin und meiner Betreuerin und mir stattfinden. Das aber erst übernächste Woche, da nächste Woche meine Ärztin nicht da ist.

Gestern habe ich es nicht ohne drei Mal zu Erbrechen geschafft. Aber heute ist ein neuer Tag. Ich werde wieder Kalorien zählen und einen Neustart machen, bzw. mich von dem Ausrutscher nicht unterkriegen lassen.

9 Monate in der Klinik

Urlaub auf Zyprexa

Ab heute mache ich einmal am Tag Urlaub auf Zyprexa. Für den Anfang kostet mich das nur 5 mg.

Oberarztvisite: heute war es ganz simpel. Wir haben kurz geklärt, dass das Cetirizin nicht eingetragen und die Cipralex-Erhöhung nicht notiert waren und gingen dann rasch zu einem wichtigen Thema über „wie kann man mir helfen aus dem Gedankenkreisen rauszukommen“, und wir versuchen es nun mit Zyprexa.

Es soll die gedankenkreisenden Foltereien beruhigen und ich bin natürlich sehr gespannt. Habe Hoffnung. Denn die aktuelle Medikation ist besser als die Vorige und wenn sich das weiter verbessert und die Dissoziationen wieder abnehmen, dann bin ich froh darüber.

Auch gestern Abend bin ich wieder in den Untiefen dissoziativer Gefilde abgetaucht. Das ist dann immer sehr verstörend für mich. Aber auch für mein Umfeld.

Mein „mitfühlender Brief an mich selbst“ sitzt mir als Hausaufgabe noch im Nacken, aber es eilt nicht, meine Ärztin Frau Dr. B. ist ohnehin erst Mitte nächster Woche wieder im Haus.

Was die Essstörung angeht bin ich seit 13 Tagen kotzfrei, was ein Jahresrekord sein dürfte. So lange war ich schon ewig nicht mehr frei davon. Und wisst ihr was… es ist genial! Selbstverletzungsfrei bin ich seit 14 Tagen. Wow, es läuft. Wenn jetzt die Gefühlsausbrüche in den Griff zu bekommen wären, wäre das ein zusätzliches Highlight.

Ich war dankbar und froh, dass heute wieder meine Lieblingspflegerin da war. Ich mag sie. Sie ist zu einem Lieblingsmenschen für mich geworden. Sie tut mir gut und hilft mir, dass ich gut zu mir bin. Ohne, dass ich in eine Abhängigkeit gerate. Nun bin ich gespannt wer heute Mittag Dienst hat und werde ein paar Schritte auf dem Gang gehen, ehe ich mir überlege nochmal auf Pipamperon zurückzugreifen um mich irgendwie auf normaler Spur am Laufen zu halten. Ich bin zuversichtlich! Und vielleicht kaufe ich nachher wieder Schokolade. Weil man sich ja auch was gönnen darf.

Fäden ex und sonst… mal sehen.

Ach, die Tage war viel los: ich seufze!

Ich war vorgestern mit in der WG mit meiner Betreuerin. Wir hatten WG-Besprechung und ich hatte dann noch Zeit für mich. Irgendwie schwanden dann aber meine Kräfte und ich geriet in einen anhaltend dissoziativen Zustand und die Anteile kämpften wechselnd darum vorne zu sein. Erst heute geht es mir besser.

Ich habe heute Küchendienst, Ergotherapie, Akupunktur und Visite. Und ich bin hoffnungsvoll, dass heute ein besserer Tag wird. Die letzten beiden Tage liegen wie Nebel hinter mir. Was habe ich wann getan? Was habe ich alles gemacht und war es okay so?

Da ich im Bedarf 6x 100 mg Perazin/ Taxilan habe, diskutieren manche Pflegekräfte, weil ich so oft kommen muss, wenn ich viel brauche. Das fällt mir dann echt schwer. Vielleicht schaffe ich es heute mit weniger Bedarf – ich hoffe das sehr!

Den Küchendienst heute früh habe ich schon erledigt. Den ganzen Tag über wird es immer wieder etwas zu tun geben. Ich bin noch sehr müde. Aber aufgestanden bin ich trotzdem um 5 Uhr. Nachdem ich mich gewogen und 500 gr. zugenommen habe. Frustration. Nicht essen, (wie gestern), bringt also wirklich überhaupt gar nichts.

Ich freue mich auf meine Termine heute und starte gerade mit entkoffeiniertem Kaffee in den Tag.

Es kann nur besser werden.

Die Fäden kamen gestern endlich raus. Nachher bespreche ich in der Visite, ob ich am Wochenende in die WG kann. Mein Vater würde mich fahren. Ich weiß nur nicht, ob ichs mir zutraue, denn eigentlich bin ich vollkommen fertig und neben mir. Ich glaube eigentlich wäre es besser mich am Wochenende hier in der Klinik auszuruhen.

Mal sehen!