Im Briefkasten war nichts für mich dabei.

„Erinnerst du dich noch daran, dass der Druck immer irgendwann auch wieder weg geht?“, frage ich mich selbst und ich weiß, dass er nachlassen wird. Aber wann? Und wie lange muss ich diesen Zustand noch ertragen?

Ich habe meinem Betreuer eine Mail geschrieben und er hat mir sogar geantwortet. Er konnte mir aber nicht so helfen, wie meine Betreuerin es gekonnt hätte… das muss er ja auch nicht. Nach einem Kontakt zu meiner Betreuerin hätte ich mich jedoch gesehnt, da das Loch heute besonders weh tut, aber heute ist mein Betreuer zuständig.

Ich weiß einfach nicht mehr, wie ich es aushalten soll! Was? Alles. Mein Leben. Meinen Zustand. Meine Existenz. Ich weiß nicht wie ich aushalten soll, dass ich nicht mehr aushalten kann und dann schließt sich der Kreis auch schon!

Die Sonne scheint, das Leben lacht mich an. Aber wie in einer Art Zwang trete ich es mit Füßen und habe dabei meine schwarze Brille auf. Ich würde so gerne jetzt einfach innerlich aufmachen, lächeln und mich beruhigen. Aber stattdessen tauchen Erinnerungsfetzen auf und ich beiße die Zähne aufeinander um nicht los zu schreien – als könnte ich es.

Am liebsten würde ich den Schmerz rausschneiden. Aber was habe ich davon? Es bleibt nur wieder viel Geld auf der Strecke, das ich für Verbandsmaterial, Steri-Strips und Wundgaze ausgeben müsste. Zum Nähen würde ich ohnehin nicht gehen. Zu unsicher.

Mein Kiefer hängt, weil ich so fest zugebissen habe. Meine Augen streifen über die Buchrücken nie gelesener Bücher. „Jetzt hast du doch Zeit!?“. Ich nehme keins davon aus dem Regal.

Stattdessen sitze ich, wegen des Rentenbescheids, wartend auf meinem Bett und versuche den Krampf aus dem Bein zu bekommen… Ich hab es zu lang angespannt.

Ich habe den Briefkasten schon geleert: es war nichts für mich dabei. Jetzt warte und hoffe ich auf morgen! Und so geht es tagein, tagaus.

And I’m proud of that.

Weinend bin ich um 1 Uhr aus einem furchtbaren Alptraum aufgewacht. Meine Augen schmerzen, weil ich so sehr weinen musste. Noch immer weinend, sitze ich nun bei einem Kaffee in der Küche, höre Musik und versuche mich irgendwie zu beruhigen. Leider gelingt mir das kaum. Ich bin gerade so einsam mit diesem Schmerz.

Am liebsten würde ich jetzt lang und heiß duschen. Es stellt sich aber die Frage, ob das für meine vier Mitbewohnerinnen nicht zu laut ist, immerhin ist es noch nicht einmal 3 Uhr am Morgen. Hinzu kommt leider, dass ich mich gestern selbstverletzt habe und dann ist das immer die Frage, ob es den noch recht frischen Schnitten wirklich gut tut, sie mit Wasser in Berührung kommen zu lassen.

Gestern Nachmittag kam ich nicht mehr klar. Ich war mir sicher es ohne Erbrechen zu schaffen. Ich habe gekämpft wie eine Löwin und bin dann doch wieder eingebrochen. Der Betreff der E-Mail an meine Lieblingsbetreuerin (mit der angehängten Verhaltensanalyse) lautete nur aufgebend „ach was soll’s“. Ich verfiel erst in Starre und dann schnitt ich mich; Den linken und rechten Unterarm, sowie meinen linken Oberarm habe ich verunstaltet. Ich habe alles gut versorgt und es war nicht nahtpflichtig, worüber ich echt froh bin. Ich möchte das nicht mehr.

Mein Wochenende war schwierig. Die Essstörung war sehr präsent. Und heute Morgen geht es mir nach diesen schrecklichen Alpträumen seit langem das erste Mal so, dass ich wünschte in der Klinik zu sein. Nicht weil die mir helfen könnten (denn ich wüsste nicht wie), sondern einfach weil ich dann jetzt nicht alleine hier sitzen würde.

In die Klinik möchte ich aber tatsächlich auf gar keinen Fall und in 6 Stunden habe ich zum Glück ja auch Betreuung.

Outpatient – wie ist es eigentlich daheim?

Aktuell komme ich ziemlich gut zurecht. Meine Lieblingsbetreuerin ist im Urlaub für vier Wochen, worunter ich und alle WG-ler irgendwie ziemlich leiden, aber jetzt haben wir schon 2/3 der vier Wochen geschafft, da schaffen wir den Rest auch noch. Meine Strategier dafür? Gefühle wegdrücken. Läuft auch gut.

Ich hatte in der Klinik und in der Fortführung daheim 10 kg zugenommen. Aber seit meinem Juli-Projekt mit meiner besten Freundin habe ich davon jetzt wieder 3,4 kg abgenommen, was ich für knapp 3 Wochen ziemlich gut finde.

Ich gehe, wenn ich aus meiner Lethargie herausfinde, spazieren und mache ab und an Freeletics. Letzteres lasse ich aber ziemlich schleifen. Heute habe ich mich mit meinem Vater zu einem Ausflug verabredet, worauf ich mich schon freue.

Was das Essen angeht kompensiere ich darüber viel. Ich habe jetzt auch wieder ambulante Therapie, wir sehen uns alle zwei Wochen. Das ist super für mich. Auch soll es eine stabilisierende und vorerst keine aufdeckende Therapie werden. Erfreulicher Weise wurde die Langzeittherapie bewilligt.

Es geht mir wirklich ganz gut und ich bin sogar so mutig, dass ich mich morgen mit einer mir bis dato unbekannten Betreuerin treffe. Ich habe auch schlechte Momente. Zum Beispiel brauche ich oft Bedarf und gehe meist gegen 15/ 16 Uhr ins Bett (wirklich!). Aber dafür sind die Morgende gut und ich spare mir so das Abendessen. Natürlich lenkt die Essstörung mal wieder echt gut ab. Aber damit bin ich zufrieden. Und was mein Gesamtempfinden angeht: bin ich glücklich.

Mit meinen Eltern komme ich super aus und manchmal übernachte ich auch dort. Ich bin wieder häufiger im Stall und liebe mein Pferd über alles. Er freut sich immer und wir gehen reiten oder spazieren. Das ist wunderschön.

Ihr seht: es läuft gut für mich und da kann man Tiefschläge und schlechte Tage und Momente auch irgendwie aushalten und überstehen.

Geschlossene + Kamera

Seit gestern bin ich in der Geschlossenen. Ich hoffe, dass ich heute wieder zurück darf. Das entscheidet sich in der Visite, die um 9 Uhr beginnt. Ich hoffe, dass ich schnell dran komme. Ich frage gleich mal in welcher Reihenfolge diese heute angedacht ist.

Ich war heute Nacht im kameraüberwachten Zimmer und schreibe deshalb erst heute. Ich wusste nicht: können die dann mitlesen oder nicht?!

Ich hatte drei Zimmernachbarinnen. Die erste schrie mich an und weigerte sich das Fenster zuzumachen. Es war eiskalt. Sofort versprach man mir eine Veränderung. Zimmerwechsel. Die nächste schüttete nachts mich, mein Bett und den ganzen Flur voll mit Wasser. Ich sei eingeschleußt vom rumänischen Geheimdienst um sie zu vernichten. Wieder ein Zimmerwechsel. Und die Kollegin bekam eine Verwarnung zur Fixierung. Dann konnte ich endlich schlafen. Mit einer jungen Frau im Zimmer, die wirklich nett ist. Aber auch an ihrem Bett baumeln die Fixierungsgurte.

Jetzt ist erst sieben. So langsam wacht die Station auf. Ich hatte nachts nochmal Tavor. Und kann mich über die Nacht eigentlich nicht beschweren. Jetzt bete ich nur, dass die Visite bei Zimmer 1 anfängt. Dann wäre ich schnell dran und könnte vielleicht wieder hoch auf meine Station.

Hoch. Nichts will ich mehr!

Ich habe gefragt von wo an die Visite heute losgeht und die Schwester sagte „von hinten“ (Katastrophe für mich in Zimmer 2), aber sie wisse, dass ich schnell wieder hoch will und sie fragt den Arzt, ob er mich vorziehen kann, das ist echt lieb von ihr.

Aber selbst wenn ich noch hier bleiben müsste, würde ich das aushalten. Es sind alle Pfleger super nett zu mir. Es ist nur, dass ich Angst habe, dass mein Platz oben weggenommen wird. Das wäre sehr schlimm für mich! Dieses Gefühl des Ersetztwerdens ist es, das ich kaum ertrage. Das hier sein ist schon irgendwie erträglich. Auch wenn man durch eine Wasserschlacht aufgeweckt wird, die nur einseitig gewollt ist.

Man oh man!

Wenn mir jemand vertraut, tut mir das wirklich gut!

Heute durfte ich am Stall das erste Mal die Stute einer Freundin reiten. Sie sucht für die Tage, an denen sie selbst nicht kann, einen Reiter, der ihr ihre Stute mit bewegt. Und dabei dachte sie an mich, auch weil ich selbst leider kein Reitpferd mehr habe, da mein Voni seit bald zwei Jahren doch nunmehr fußkrank ist.

Voni ist fertig angezogen!

Meine Freundin hat mir ihre Stute dann vorgeritten und anschließend durfte ich mich auf sie schwingen. Es hat so unglaublich viel Spaß gemacht!! Auch wenn ich merke, dass ich eingerostet bin nach knapp zwei Jahren Reitpause. Da rutscht die Hand mal zu tief und mal zu hoch und der Schenkel wirkt nicht perfekt ein und ab und an stimmt auch das Zusammenwirken der Hilfen einfach nicht mehr ganz so, wie ich es vorhatte und mal konnte. Aber wir kamen übereinstimmend zu der Meinung, dass ich da schnell wieder reinfinden werde.

Wer rastet, der rostet. Das merke ich jetzt. Und umso größer die Freude, dass ich jetzt wieder loslegen darf und richtig reiten kann!! Ich will mich auch wieder lesender Weise in die Pferdematerie stürzen. Endlich weiter lernen und weiter üben. Das, was ich immer schon tun wollte. Ich bin so voller Elan und so voller Freude, auch wenn mich dieser Tag heute sehr viel Kraft gekostet hat!!!

Meine Freundin und ich haben so viele Gemeinsamkeiten festgestellt heute (wir hatten sehr lange keinen Kontakt mehr) und das tat mir wirklich gut. Ich glaube, dass wir beide große Ziele haben. Ziele die erreichbar sind, wenn wir mutig sind und uns dafür einsetzen. Und wir haben auch Grenzen festgestellt und können heute Dinge benennen, die wir nicht wieder so handhaben würden.

Die Weiden werden grün und grüner!

Schon am Freitag darf ich Princi wieder bewegen und ich freue mich schon jetzt darauf! In der Folge werden wir immer spontan absprechen wann ich sie bewege und wir werden beobachten ob es sich bewährt, wenn ich sie mit reite. Es ist nicht für jedes Pferd gleich einfach sich auf mehrere Reiter zur gleichen Zeit einzustellen, deshalb sind wir beide für alles offen. Ich kenne das von Voni. Ich bin froh um diese Chance!

Es ist so schön zu spüren, dass meine Freundin mir vertraut und sie mir ihr Pferd anvertrauen möchte. Das ist eine große Ehre für mich, weil ich weiß wie viel das für einen als Besitzer bedeuten kann. Umso größer ist meine Freude, dass ich sie reiten darf, auch wenn ich heute sicherlich nicht alles perfekt gemacht habe.

Ich bin zutiefst dankbar für diesen gemeinsamen Abend.